Die Menschheit hat noch zwölf Jahre

Die Klimakatastrophe ist abwendbar, aber nicht mehr lange

Lange schienen der Klimawandel und der erforderliche Klimaschutz weit in der Zukunft zu liegen. Doch nun muss es schnell gehen, denn die Menschheit hat nur noch zwölf Jahre bis sie die Zwei-Grad-Schwelle reisst.

Die Menschheit hatte per Anfang 2017 noch ein Restguthaben bei der Atmosphäre von 800 Milliarden Tonnen CO2 (800 Gigatonnen). [1 s. S. 17] Werden mehr Treibhausgase emittiert, lässt sich die Klimaerwärmung nicht mehr auf zwei Grad begrenzen. Derzeit liegen die globalen Emissionen bei 52 Gigatonnen pro Jahr [1 s. S. XV] und werden dank des Paris Abkommens bis zum Jahr 2030 nur marginal auf 53 Gigatonnen ansteigen [1 s. S. XVII]. Dann sind aber bereits über 80 Prozent des verbleibenden CO2-Budgets aufgebraucht und die Emissionen müssten nach dem Jahr 2030 extrem schnell auf Null absinken. Das ist aber unrealistisch und wäre extrem teuer. Die Menschheit muss daher ihre Emissionen deutlich schneller senken, als in den nationalen Klimaplänen des Paris Abkommens vorgesehen ist. „Wir tun bei weitem nicht genug“, sagt Erik Solheim, der Chef des UN-Umweltprogramms Unep. [2] Statt auf 53 Gigatonnen zu steigen, müssten die Emissionen bis zum Jahr 2030 auf 42 Gigatonnen fallen. Oder anders: In den nächsten zwölf Jahren müssen die globalen Emissionen um 11 Gigatonnen oder 20 Prozent fallen, wenn die Klimakatastrophe verhindert werden soll.

Zukunft. Ohne die Wiederaufforstung geeigneter Flächen lässt sich die Klimaerwärmung kaum unter zwei Grad halten. (Foto: WRI / Flickr)
Zukunft. Ohne die Wiederaufforstung geeigneter Flächen lässt sich die Klimaerwärmung kaum unter zwei Grad halten. (Foto: WRI / Flickr)

Das ist nicht nur machbar sondern auch bezahlbar, wie ein neuer Unep-Bericht zeigt. Zentral ist eine Reduktion des Kohleverbrauchs: „Zwischen 80 und 90 Prozent der weltweiten Kohlereserven müssen im Boden bleiben.“ Für Öl (35 Prozent) und Gas (50 Prozent) liegt dieser Wert deutlich tiefer. [1 s. S. XV] Folglich sollten keine neuen Kohlemeiler mehr genehmigt und bestehende möglichst schnell still gelegt werden. Erreichen lässt sich dies mit einem CO2-Mindestpreis oder einem ‚Ausstiegsgesetz‘ – zwei Massnahmen, die die Grünen in den aktuellen Koalitonsverhandlungen fordern. Um die Lücke von 11 Gigatonnen zu schliessen, reicht ein weitgehender Kohleausstieg bis 2030 aber nicht aus. Die Zahl der erfoderlichen Massnahmen bleibt aber überschaubar: der Ausbau von Solar- und Windenergie; energieeffiziente Haushaltsgeräte und Autos; und schliesslich ein Stopp der Entwaldung sowie die Wiederaufforstung geeigneter Flächen. Mit diesen sechs Massnahmen lassen sich die Emissionen bis 2030 um 15 bis 22 Gigatonnen reduzieren. Dabei „können all‘ diese Massnahmen mit bescheidenen Kosten realisiert und mit bewährten Politikansätzen erreicht werden.“ [1 s. S. 34] Um die Welt in den nächsten zwölf Jahren auf einem Zwei-Grad-Pfad zu halten, sind also weder neue technische Erfindungen noch politische Experimente erforderlich.

Die Umsetzung der, von Unep vorgeschlagenen, Massnahmen hätte zudem weitere Vorteile wie Solheim sagt: „Indem wir unsere Abhängigkeit von fossilen Energien reduzieren, bauen wir inklusivere und robustere Volkswirtschaften. Wir retten Millionen von Menschenleben und reduzieren die riesigen Gesundheitskosten von Umweltverschmutzung.“ Aus Sicht von Solheim ist daher klar: „Klimaschutz ist kein Bürde sondern eine beispiellose Chance.“ Diese zu nutzen sei aber nicht nur die Aufgabe von Regierungen sondern auch die der Wirtschaft. Die hundert Firmen mit den höchsten Emissionen sind für rund ein Viertel der globalen Emissionen verantwortlich. [2] Noch würden die Massnahmen der Wirtschaft aber nicht ausreichend statistisch erfasst. Unep hofft daher, dass die Wirtschaft bis 2030 mehrere Gigatonnen an Emissionen zusätzlich zu den Klimplänen der Länder einsparen kann. Aus diesem Grund will Solheim auch nicht länger von „Umweltproblemen“ reden, sondern von „wirtschaftlichen und sozialen Chancen“. [1 s. S. XIII] Ob dieser Perspektivwechsel schon bei den Politikern angekommen ist, zeigt sich schon bald: bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin und ab nächster Woche bei den Klimaverhandlungen in Bonn. mic

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[1] Unep, 31.10.2017: The Emissions Gap Report 2017 (PDF)

[2] Unep, 31.10.2017: Governments and non-state actors need to take urgent action to meet Paris Agreement goals