Schweinepest stellt Chinas Nationalbank vor ein Dilemma

Ein Drittel der Schweine in China wird Tierseuche zum Opfer fallen

In China steigt der Preis für Schweinefleisch rapide und sorgt für Inflation. Der Grund dafür ist der bislang grösste Ausbruch von Schweinepest der Welt.

Die Afrikanische Schweinepest verheert Chinas Mästereien. Vor knapp einem Jahr wurde in China der erste Fall entdeckt und nun ist das ganze Land von der extrem ansteckenden Tierseuche betroffen. Die auf Agrarfinanzierung spezialisierte, niederländische Rabobank schätzt, dass 150 bis 200 Millionen Tiere entweder an der Krankheit verenden oder gekeult werden müssen. [1] Das sind rund ein Drittel aller Schweine in China und entspricht der gesamten Schweinepopulation in der EU. „Dies ist wahrscheinlich die schwerwiegendste Tierkrankheit, die die Welt für eine lange Zeit gesehen hat oder gar jemals gesehen hat“, sagt der Veterinärepidemiologe Dirk Pfeiffer von der City Universität von Hong Kong. [2] Schweinepest ist für Menschen ungefährlich, aber Schweine verenden daran innert weniger Tage.

Kleinbauern. Ein Grossteil der Bauernhöfe mit Schweinen in China haben nur wenige Tiere. (Foto: ILRI / Flickr)

Der Seuchenausbruch hat Folgen für die globalen Agrarmärkte. In Deutschland ist seit Beginn des Jahres der Schlachtschweinepreis um ein Drittel gestiegen. [3] Richtig teuer könnte es aber in der zweiten Jahreshälfte werden, wenn in China die Lager leer geräumt sind: Chinas Landwirtschaftsministerium warnt, dass Schweinefleisch dann 70 Prozent teurer sein könnte als vor einem Jahr. [4] Das wird zu deutlich höheren Fleischimporten führen, wovon primär europäische und brasilianische Mästereien profitieren dürften, denn US-Bauern zahlen derzeit nicht nur die regulären 12 Prozent Zoll sondern zusätzlich einen Strafzoll von 50 Prozent. [4] Importe werden den Rückgang von Chinas Fleischproduktion aber nicht ausgleichen können, da die Hälfte aller Mastschweine der Welt in China gehalten werden. Rabobank geht daher von einem sinkenden Fleischkonsum in China aus. [1]

Verschärfend kommt hinzu, dass die Seuche auch Südostasien erreicht hat. In Vietnam wurden bereits zwei Millionen Tiere gekeult, rund fünf Prozent aller Mastschweine. [6] Der Landwirtschaftsminister des Landes, Nguyen Xuan Cuong, sagte: „Die Welt und Vietnam standen noch nie einer derart gefährlichen, schwierigen und teuren Epidemie gegenüber wie jetzt.“ [2] Pfeiffer befürchtet, dass die Seuche bald auch Thailand erreicht: „Kein Land ist sicher. Es gibt ein grosses Risiko, dass das Virus nach Thailand eingeschleppt wird und in alle anderen Länder der Region und darüber hinaus.“ [7] Das gilt auch für Europa. Derzeit sorgen sich Veterinäre insbesondere um Fälle von Schweinepest bei Wildschweinen in Belgien. Noch wurden aber keine Tiere in Mastbetrieben infiziert. Anders sieht es weiter östlich aus: Aus Lettland, Polen, Rumänien und Ungarn wurden Ausbrüche auf Bauernhöfen gemeldet.

Der Rückgang der Produktion von Schweinefleisch in China und anderen Ländern hat auch Folgen für andere Agrarprodukte: Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) schätzt, dass Chinas Importe von Sojabohnen dieses Jahr um 22 Millionen Tonnen zurückgehen. Das USDA schreibt in einer Marktanalyse: „Die Schweinepest in China wird die Spielregeln im Markt für Sojabohnen in den kommenden Jahren bestimmen.“ [8] Diese Meinung vertritt auch Matthew Stone, der Vizechef der Weltorganisation für Tiergesundheit: „Wir werden mit der Afrikanischen Schweinepest für viele Jahre leben.“ [2] Denn derzeit gibt es weder ein Medikament, um die Krankheit zu heilen, noch eine Impfung. Im Moment ist das einzige Mittel zur Eindämmung der Seuche die Keulung aller anderen Schweine in einem Umkreis von mehreren Kilometern. Forscher in mehreren Ländern arbeiten an einem Impfstoff, doch wann dieser auf den Markt kommen wird, ist ungewiss.

Der Ausbruch in China ist derweil so gross, dass er auch makroökonomische Folgen hat. Während die Konsumentenpreise im Februar nur 1,5 Prozent über dem Vorjahr lagen sprang dieser Wert im März auf 2,3 Prozent und lag im April bei 2,5 Prozent. [9] Grund dafür ist die Inflation bei Nahrungsmitteln, die sich im Jahresvergleich um 6,1 Prozent verteuert haben. Julian Evans-Pritchard von der britischen Beratungsfirma Capital Economics sagte denn auch: Der Inflationsanstieg „sollte nicht als Zeichen einer stärkeren inländischen Nachfrage interpretiert werden“ sondern sei eine Folge eines Angebotsschocks. [10] Für Chinas Nationalbank ist die gestiegene Inflation ein Problem. Denn einerseits muss sie die Inflation unter Kontrolle halten und andererseits versucht sie die Wirtschaft zu stimulieren, um die Folgen des Handelskriegs mit den USA und die Verlangsamung des Wachstums abzufedern. Vielleicht hätte sie aber vor diesem Dilemma gewarnt sein können. Gemäss dem traditionellen chinesischen Kalender ist 2019 ein „Jahr des Schweins“. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] Rabobank, April 2019: Rising African Swine Fever Losses to Lift All Protein Boats

[2] Science, 14.05.2019: African swine fever keeps spreading in Asia, threatening food security

[3] AMI, 29.05.2019: Unveränderter Schlachtschweinepreis

[4] BBC, 25.04.2019: Is China losing the battle against an incurable pig virus?

[6] VNExpress, 31.05.2019: Vietnam culls 2 million pigs as African swine fever threatens large-scale farms

[7] Bangkok Post, 20.05.2019: Red alert to stop ‘pig ebola’ crossing border

[8] USDA, Mai 2019: Producers Face New Reality in the Global Soybean Market (PDF)

[9] Trading Economics, Stand 31.05.2019: China Inflation Rate

[10] CNBC, 08.05.2019: China’s food inflation rose 6.1% in April as pork prices spiked