Das Treibhausgas aus Rindermägen und Reisfeldern

Was Reisbauern gegen Methanemissionen tun können

Die globalen Methanemissionen steigen rasant. Schuld daran ist vor allem die Landwirtschaft. Dabei gibt es Lösungen, um die Emissionen aus Rindermägen und Reisfeldern zu senken.

Auf den ersten Blick wirkt das Problem fast niedlich: Kilo für Kilo entsprechen die globalen, vom Menschen verursachten, Methanemissionen von 293 Millionen Tonnen weniger als einem Prozent der CO2-Emissionen. Doch Methan (CH4) hat über hundert Jahre gerechnet eine 28 Mal stärkere Treibhauswirkung als CO2. Ausserdem stammt Methan aus viel mehr verschiedenen Quellen: „Im Gegensatz zu CO2, wo wir eindeutige Emissionsquellen wie Kraftwerke haben, ist fast Alles im globalen Methanbudget diffus“, sagt Rober Jackson von der US-Universität Stanford. [1] „Von Kühen über Sumpfgebiete und Reisfelder – der Methanzyklus ist schwieriger.“ Das Resultat dieses Kreislaufs lässt sich aber wieder einfach messen und zeigt ein klares Ergebnis: „Das Abflachen, das wir in den letzten Jahren bei den CO2-Emissionen gesehen haben, ist auffallend verschieden von der schnellen Zunahme bei Methan.“ Dies sei „besorgniserregend“ aber biete auch „eine Chance zur Emissionssenkung, die die Anstrengungen bei CO2 ergänzt“. [1]

Überschuss. Ohne die vom Menschen verursachten Emissionen würde die Methankonzentration in der Atmosphäre abnehmen. (Grafik: PhysOrg [1])
Überschuss. Ohne die vom Menschen verursachten Emissionen würde die Methankonzentration in der Atmosphäre abnehmen. (Grafik: PhysOrg [1])
Von den, durch den Menschen verursachten, Methanemissionen entfällt ein Drittel auf die Nutzung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl und Gas. Die anderen zwei Drittel werden durch die Landwirtschaft verursacht (siehe Grafik). Diese ist gemäss aktuellen Studien auch für den Anstieg der Emissionen in den letzten Jahren verantwortlich. [2] Das Hauptproblem sind hier Kühe und Reis. Die naheliegendste Lösung um die Emissionen aus Kuhmägen zu reduzieren, ist statt Rindfleisch Schweine- oder Hühnchenfleisch zu essen. Durch die Beigabe von Leinöl und Calciumnitrat zum Futter von Wiederkäuern lässt sich zudem die Methanproduktion in deren Mägen um knapp ein Drittel reduzieren, wie eine Studie im Wissenschaftsmagazin ‚Journal of Animal Science‘ zeigt. [3] Aufgrund der hohen Konzentration in der Futtermittelindustrie besteht so die Möglichkeit, mit relativ einfachen Massnahmen die Methanemissionen der Rindfleisch- und Milchwirtschaft merklich zu mindern.

Relativ ‚einfach‘ ist auch die Reduktion der Methanemissionen bei der Förderung von Kohle, Öl und Gas. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas und Schiefergas, findet sich aber auch in Kohleflözen (‚Grubengas‘). David Allen von der Universität Texas hat die Emissionen bei der Gasförderung mittels Fracking in den USA untersucht und kommt zum Schluss: „Ein kleiner Teil der Bohrlöcher ist für einen Grossteil der Emissionen verantwortlich.“ Genauer: Ein Fünftel der Bohrlöcher verursacht drei Viertel der Emissionen. Diese Emissionen zu stoppen sei daher „einer der schnellsten und kostengünstigsten Wege um Treibhausgase zu reduzieren“, sagt Allen. [4] Dass dies voraussichtlich auch geschehen wird, ist drei Republikanern im US-Senat zu verdanken: John McCain, Lindsey Graham und Susan Collins haben den Versuch der Regierung von US-Präsident Donald Trump abgewehrt, eine Regel zur Reduktion von Methanemissionen abzuschaffen. [5]

Paradies. Diese Landschaft ist nicht nur paradiesisch schön, sondern bietet auch paradiesische Zustände für methanproduzierende Mikroben. (Foto: Pixabay)
Paradies. Diese Landschaft ist nicht nur paradiesisch schön, sondern bietet auch paradiesische Zustände für methanproduzierende Mikroben. (Foto: Pixabay)

Die grösste Herausforderung sind die Emissionen aus Reisfeldern: Hier kann man sich nicht auf einige wenige Futtermittel- oder Energieproduzenten konzentrieren, sondern muss Millionen von Kleinbauern in Asien davon überzeugen, ihre traditionelle Anbaumethode zu ändern. In gefluteten Reisfeldern wird Methan von Mikroorganismen produziert, die Pflanzenreste zersetzen. Lässt man die Felder zeitweise trocken fallen, sterben diese Mikroben ab. Traditionell stehen Reisfelder aber vom Pflanzen der Setzlinge bis kurz vor der Ernte unter Wasser.

Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2011 die ‚Plattform für nachhaltigen Reis‘ SRP ins Leben gerufen. Diese umfasst Umwelt- und Entwicklungsorganisationen wie die ‚Rainforest Alliance und die deutsche ‚Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit‘ (GIZ), Agromultis wie Bayer und Syngenta sowie Lebenmittelkonzerne wie Nestlé und Mars. Die SRP hat dann einen ‚Standard für nachhaltigen Reis‘ entwickelt. [6] Dieser regelt vom Saatgut, über Dünger und Pestizide, bis zu Schutzhandschuhen und dem Schulbesuch der Kinder von Reisbauern, alle Aspekte der Reisproduktion. Nun wird der Standard in vier Ländern eingeführt: in Kambodscha, Pakistan, Thailand und Vietnam. Das Projekt in Thailand wird von der GIZ, dem Reisgrosshändler Olam aus Singapur und der Regierung umgesetzt. Letztes Jahr konnte dort in der Provinz Ubon Ratchathani der weltweit erste ‚nachhaltig produzierte Reis‘ geerntet werden – mit vielversprechenden Resultaten: „Die Bauern haben einen 20 bis 25 Prozent höheren Gewinn erzielt“, sagt Matthias Bickel, der Projektleiter der GIZ. „Die Qualität des Reises war besser und die Bauern haben weniger Saatgut, weniger Dünger und weniger Pflanzenschutzmittel benutzt.“ Ausserdem wurden 26 Prozent weniger Treibhausgase emittiert und der Wasserverbrauch gesenkt.

Das Pilotprojekt in Ubon Ratchathani war mit 70 teilnehmenden Bauern noch sehr klein, schliesslich gibt es in Thailand vier Millionen Familien, die Reis anbauen. Nun soll das Projekt auf 100‘000 Bauern bis zum Jahr 2020 ausgedehnt werden. Diese sind in Gruppen von Bauern organisiert, die wiederum regionalen Reiszentren angehören. „Wir haben einen Lehrgang mit zwölf Modulen entwickelt, der kaskadenartig weitergegeben wird“, erklärt Bickel das Vorgehen. Denn jetzt muss es schnell gehen: Die beiden US-Lebensmittelkonzerne Kellogg und Mars haben angekündigt, ab dem Jahr 2020 nur noch nachhaltig produzierten Reis zu kaufen. Dafür sind Zehntausende Tonnen erforderlich. Um diese Nachfrage zu decken ist Thailand zentral: „Nur sechs Prozent des global benötigten Reises wird international gehandelt, aber davon kommt ein Viertel aus Thailand“, sagt Bickel. „Thailand ist daher systemrelevant.“

Schliesslich bleibt noch die Frage, warum es erst jetzt gelungen ist, so etwas wie den ‚SRP Standard‘ zu entwickeln und einzuführen, schliesslich profitieren davon sowohl die Bauern als auch die Umwelt. „Bis vor fünf Jahren war es unmöglich eine grosse Initiative im Reissektor zu starten. Reis ist in vielen Ländern ein sehr politisches Produkt“, sagt Bickel. „In Thailand hat erst die Abschaffung der Subvention für Reis die Tür dazu geöffnet.“ Ausserdem fehle bislang der Druck der Öffentlichkeit: „Anders als etwa bei Palmöl, wird das Nachhaltigkeitsthema bei Reis weder von Produzenten noch von Konsumenten wahrgenommen.“ Damit geht es Reis letztlich wie Methan: Nur wenige kennen das Problem und noch weniger die Lösungen. Dabei gibt es welche. mic

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[1] PhysOrg, 12.12.2016: Surge in methane emissions threatens efforts to slow climate change

[2] Environmental Research Letters, 12.12.2016: The growing role of methane in anthropogenic climate change (PDF)

[3] Journal of Animal Science, 26.06.2015: Additive methane-mitigating effect between linseed oil and nitrate fed to cattle

[4] Yale e360, 25.10.2016: What is Causing the Recent Rise in Methane Emissions?

[5] CNBC, 10.05.2017: John McCain just delivered Trump a rare loss in his bid to roll back energy rules

[6] SRP, Oktober 2015: Standard on Sustainable Rice Cultivation (PDF)