Der nächste Freihandelsvertrag steht kurz vor dem Abschluss

Zwölf Länder wollen den Handel rund um den Pazifik liberalisieren

Zwölf Pazifikanrainer verhandeln diese Woche über einen Freihandelsvertrag, die Transpazifische Partnerschaft TPP. Ob eine Einigung gelingt ist in Anbetracht der vielen offenen Fragen aber noch nicht abschätzbar.

Letzte Woche haben 54 Länder der Welt vereinbart, die Zölle auf 201 Produkte der Informationstechnologie auf Null zu senken. Davon werden aber alle Länder der Welt profitieren, nicht nur die Mitglieder des ‚Information Technology Agreements‘ kurz ITA. Diese Woche hoffen zwölf Länder rund um den Pazifik eine exklusive Freihandelszone zu schaffen, die nur den Mitgliedern nutzt: die Transpazifische Partnerschaft kurz TPP. Seit Freitag letzter Woche tagen die Chefunterhändler der TPP Länder auf Hawaii und gestern (Dienstag) sind ihre Minister dazu gestossen. Ziel ist bis Freitag die letzten offenen Fragen zu klären. TPP umfasst rund 800 Millionen Menschen und 40 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

Hot Spot im Pazifik. Diese Woche zeigt sich, ob die TPP Unterhändler das grosse Ganze sehen oder doch nur ihre Milchbauern im Auge haben. (Foto: Nasa/Wikipedia)
Hot Spot im Pazifik. Diese Woche zeigt sich, ob die TPP Unterhändler das grosse Ganze sehen oder doch nur ihre Milchbauern im Auge haben. (Foto: Nasa/Wikipedia)

Zu den offenen Fragen, die in Hawaii einer Lösung harren, zählt der Handel mit Agrarprodukten. Im Mittelpunkt der Verhandlungen ist dabei aber nicht wie erwartet Japan sondern Kanada. Letzteres schützt insbesondere seinen Markt für Milchprodukte und Geflügel. Ottawa beschützt seine Milchbauern mit Zollsätzen bis zu 246 Prozent. Da in Kanada im Oktober ein neues Parlament gewählt wird, bekundet die Regierung von Premierminister Stephen Harper Schwierigkeiten hier Zugeständnisse zu machen. Darauf besteht aber Neuseeland, das auch als ‚Saudi Arabien der Milch‘ bezeichnet wird. Manche Beobachter sehen sogar die Möglichkeit, dass sich Kanada am Schluss ausser Stande sieht, den TPP Deal zu unterzeichnen. Hart umkämpft ist auch Zucker. Hier wehren sich die USA gegen Importe aus Australien. Bei den Industrieprodukten stehen Autos im Mittelpunkt. Japan schottet seinen Markt gegen ausländische Fahrzeuge mit technischen Handelshindernissen ab. Gleichzeitig will es aber, dass die USA ihren Zoll auf Autos von heute 2,5 Prozent auf Null absenkt. Dies versuchen wiederum die US-Autohersteller zu verhindern, die seit der Finanz- und Wirtschaftskrise Marktanteil verloren haben.

Besonders umstritten sind auch die sogenannten Biopharmaka. In den USA geniessen diese Stoffe nicht nur den herkömmlichen Patentschutz sondern zwölf Jahre ‚Datenexklusivität‘. Dies bedeutet, dass ein Generikahersteller bei der Zulassung eines Nachahmerpräparats nicht auf den Wirksamkeitsnachweis aus der ursprünglichen Zulassung verweisen kann, sondern neue Tests machen muss. Damit werden Biogenerika (auch Biosimilare) länger vom Markt fern gehalten. Die forschende Pharmaindustrie argumentiert, dass die Entwicklung von Biopharmaka teurer ist und daher einen längeren Schutz rechtfertigt. Patientenorganisationen beklagen hingegen, dass wegen der ’Datenexklusivität‘ die Preise für diese Arzneimittel länger hoch bleiben als nötig. Die US-Regierung versucht nun mittels TPP auch die anderen elf Länder auf zwölf Jahre ‚Datenexklusivität‘ zu verpflichten, was insbesondere von Australien und Neuseeland abgelehnt wird. Manche Beobachter halten hier sieben Jahre als Kompromiss für möglich.

Schwierigkeiten mit dem TPP Deal hat zudem Malaysia. Das Land bevorzugt systematisch ethnische Malayen zu Lasten der chinesisch- und indischstämmigen Malaysier. Dies gilt insbesondere für Staatsbetriebe und -aufträge. Doch eines der 29 bis 30 Kapitel des TPP Abkommens ist just solchen Firmen gewidmet und fordert die Abschaffung von deren Privilegien. Vietnam, das ebenfalls viele Staatsbetriebe hat, scheint sich mit den TPP Vorschriften hingegen abgefunden zu haben. Doch in Malaysia ist die Regierung wegen eines Korruptionsskandals angeschlagen. Neben Kanada könnte daher auch Malaysia schliesslich aus innenpolitischen Gründen auf die Unterzeichnung des TPP Abkommens verzichten. Mit einem Veto droht zudem Australien bei den Schiedsgerichten, die Streitigkeiten zwischen ausländischen Investoren und Regierungen entscheiden sollen. Australien ist nicht grundsätzlich gegen diese Gerichte, will aber erreichen, dass Tabakkonzerne diese nicht in Anspruch nehmen können.

Vietnam ist aber nicht nur wegen der Staatsbetriebe unter Druck sondern auch wegen seiner Arbeitnehmerrechte. Obama hat versprochen, TPP würde „das fortschrittlichste Handelsabkommen der Geschichte“ werden, wenn es um Arbeits- und Umweltstandards geht. Damit will er den Gewekschaftsflügel in seiner eigenen Partei beruhigen. Doch das kommunistische Vietnam kennt bislang keine unabhängigen Gewerkschaften. Schwierigkeiten mit Arbeitnehmerrechten hat zudem das muslimische Sultanat Brunei. Bei den Umweltstandards ist insbesondere Peru unter Druck. Dort steht die Abholzung des Regenwalds in der Kritik. Für Diskussion hat schliesslich auch die Verbesserung des Rankings von Malaysia im Bericht des US-Kongresses über den internationalen Menschenhandel geführt. Gestern (Dienstag) wurde bekannt, dass Malaysia nicht länger in der schlechtesten Kategorie geführt wird. Dies wäre ein Hindernis bei der Ratifizierung von TPP gewesen, denn mit Ländern in der schlechtesten Kategorie dürfen die USA keine Freihandelsverträge abschliessen.

Wie gross die Chance ist, dass die TPP Verhandlungen diese Woche abgeschlossen werden, lässt sich schlecht abschätzen. „Es werden mit die interessantesten Verhandlungen in der Geschichte der Diplomatie.“, sagt John Corrigan vom US – Asean Business Council, eine Handelskammer. [1] Klar ist allen Beteiligten, dass die Zeit drängt. Nächstes Jahr herrscht in den USA Wahlkampf, weswegen die US-Regierung hofft, das TPP Abkommen noch dieses Jahr durchs Parlament zu bringen. Zum Stand der Verhandlungen in Hawaii ist aber Nichts bekannt. Die Verhandlungen sind geheim und es gibt auch keine Informationen ‚aus in der Regel gut unterrichteten Kreisen‘. Der Handelsexperte Peter Clark sagt: Es gebe „keine Nachrichten über Fortschritte, keine Nachrichten über Rückschläge“ sondern einfach: „Keine Nachrichten. Punkt.“ [2] mic

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 [1] Politico, 26.07.2015: Rice, milk and cars among the stumbling blocks in historic trade pact

[2] ipolitics, 27.07.2015: The TPP talks: Thing happen slowly — when they happen at all