Klimaverhandlungen kommen kaum voran

Der Handel mit CO2-Zertifikaten sorgt weiter für Streit unter den Ländern

Die Netto-Emissionen des Flugverkehrs sollen ab nächstem Jahr nicht weiter ansteigen. Dazu sind CO2-Zertifikate aus Klimaschutzprojekten erforderlich. Wie diese Zertifikate generiert und gehandelt werden können, ist aber noch immer unklar.

Während die Bonner unter einer Hitzewelle stöhnten, ging im dortigen „Weltkonferenzzentrum“ heute eine weitere Runde der UN-Klimaverhandlungen zu Ende. Die Hitze prägte jedoch nicht das Konferenzergebnis sondern nur den Ton in vielen Debatten. Besonders absurd war der Streit um den Bericht des Weltklimarats IPCC zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens. Dieser Bericht wurde auf die Bitte der UN-Klimakonvention erstellt. Doch nun streiten die Länder darüber, ob und wie der Bericht zur Kenntnis genommen werden soll. Saudi Arabien und die USA wollen verhindern, dass der Bericht „willkommen“ geheissen wird. Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation sagte dazu: “Wir sollten nicht darüber debattieren, ob der Bericht zur Kenntnis genommen wird, sondern wie wir dessen klaren Schlussfolgerungen nachkommen.”

Die-In. Die immer beliebtere Protestform des Die-In durfte auch in Bonn nicht fehlen. (Foto: Kiara Worth / IISD)

Das wichtigste Thema in Bonn war allerdings ein anderes: der Handel mit CO2-Zertifikaten. Einige Industriestaaten wie Norwegen, Neuseeland und die Schweiz wollen Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern fördern und dann die vermiedenen CO2-Emissionen auf ihre eigenen Klimapläne anrechnen. Dabei muss sichergestellt sein, dass diese Emissionen nicht auch auf den Klimaplan des Projektlands angerechnet werden, um eine Doppelzählung zu vermeiden. Die letztjährige UN-Klimakonferenz in Katowice wäre daran beinahe gescheitert. Während die Industriestaaten hier wasserdichte Regeln durchsetzen wollten, blockierte der potentiell wichtigste Anbieter von CO2-Zertifikaten die Verhandlungen: Brasilien. Dem Land geht es dabei weniger um den Verkauf von Zertifikaten an andere Staaten sondern an Fluggesellschaften. Die Emissionen des weltweiten Flugverkehrs sollen auf dem Niveau des Jahres 2020 gedeckelt werden, indem zusätzliche Emissionen andernorts kompensiert werden. Dazu sind Zertifikate für mehr als drei Milliarden Tonnen CO2 in den nächsten 15 Jahren erforderlich. Schon bei einem bescheidenen Preis von 20 Euro pro Tonne CO2 geht es daher um sehr viel Geld: 60 Milliarden Euro. Ob dieses Jahr bei der grossen UN-Klimakonferenz im Dezember in Santiago de Chile ein Einigung gelingen wird, ist aber auch nach den Verhandlungen in Bonn weiter unklar.

Die Bonner Verhandlungen dienten aber nicht nur der Vorbereitung der Konferenz in Chile, sondern auch des Klimagipfels von UN-Chef Antonio Guterres im September. In der Einladung zu diesem Gipfel schreibt Guterres, er wolle keine Reden sondern Pläne: „Nur Regierungschefs mit ehrgeizigen und glaubhaften Plänen für die Jahre von 2020 bis 2050 sind auf der Bühne“. [1] Aktuell werden dazu weder die Chefs der EU noch die meisten Regierungschefs von EU-Ländern gehören. Beim letzten EU-Gipfel konnten sich die Länder nicht darauf einigen, dass die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden soll, und auf nationaler Ebene haben erst drei europäische Länder ein solches Ziel: Norwegen strebt Netto-Null Emissionen bis zum Jahr 2030 an, Schweden bis 2045 und Grossbritannien bis 2050. In Frankreich und Spanien sind zudem ähnliche Gesetze in Vorbereitung. [2]

Die Länder haben sich im Jahr 2015 in Paris darauf geeinigt, dass spätestens nächstes Jahr jedes Land ehrgeizigere Klimapläne vorlegen muss. In Bonn wurde nun entschieden, wo die UN-Klimakonferenz 2020 stattfinden wird: in London. Die britische Hauptstadt stich damit Rom und Istanbul aus, die sich ebenfalls beworben hatten. mic

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[1] UN, März 2019: Information Note on the 2019 Climate Action Summit of the Secretary-General (PDF)

[2] Energy & Climate Intelligence Unit, 25.06.2019: One-sixth of global economy under net zero targets