Hoffnung für 300 Millionen Kinder

Die Impfstoff-Allianz Gavi sammelt 7,5 Milliarden Dollar ein

Eine der besten Investitionen in Weltgesundheit sind Impfungen. Das haben auch viele Geberländer gemerkt: bei einer Geberkonferenz in Berlin für die Impfstoff-Allianz Gavi sind 7,530 Milliarden Dollar für fünf Jahre zusammen gekommen – 39 Millionen mehr als nötig.

Die Organisation hat in den letzten 15 Jahren sieben Millionen Kindern das Leben gerettet und keiner kennt sie: die Impfstoff-Allianz Gavi. Ende der 90er Jahre stagnierten die Impfraten und in manchen Ländern wurden sogar immer weniger Kinder gegen die wichtigsten Krankheiten geimpft. Daraufhin lancierte die Stiftung des Microsoft Gründers Bill Gates eine neue Initiative. Mehrere Länder, die Weltgesundheitsorganisation WHO und einige Stiftungen gründeten im Jahr 2000 Gavi, um Impfstoffe für die ärmsten Länder der Welt zu subventionieren. Seither wurden mit Gavi Unterstützung mehr als 500 Millionen Kinder geimpft.

Ein Word von Bill Gates: "Gavi nimmt Geld und verwandelt es in Kinder, die gesund aufwachsen." (Foto: Gavi, Oscar Seykens)
Ein Word von Bill Gates: “Gavi nimmt Geld und verwandelt es in Kinder, die gesund aufwachsen.” (Foto: Gavi, Oscar Seykens)

Die Initiative richtet sich nur an wirklich arme Länder mit einem Pro-Kopf Einkommen von weniger als 1570 Dollar pro Jahr. [1] Diese können je nach Einkommensniveau eine finanzielle Unterstützung beim Kauf von Impfstoffen beantragen. Gavi bündelt so die Nachfrage dieser Länder und kann mit den Herstellern der Impfstoffe Rabatte aushandeln. „Wir kaufen Impfstoffe für 60 Prozent der Weltbevölkerung.“, sagt Seth Berkley, der Gavi Chef. „So konnten wir die Kosten für Impfstoffe um 90 bis 95 Prozent senken.“ [2] Trotzdem wird das von der WHO empfohlene Impfprogramm für Kinder immer teurer: Im Jahr 2001 empfahl die WHO sechs verschiedene Impfungen, die damals 0,57 Dollar kosteten. Heute empfiehlt die WHO elf Impfungen mit einem Preis von 21,31 Dollar pro Kind. [6]

Um die Kosten für Impfstoffe in den ärmsten Ländern erschwinglich zu halten braucht Gavi daher Geld: 7,5 Milliarden Dollar für die Jahre 2016 bis 2020. Um dieses Geld einzusammeln fand am Dienstag eine Geberkonferenz in Berlin statt. Dort kamen insgesamt 7,539 Milliarden Dollar zusammen. Davon stammen 1,5 Milliarden Dollar von der Bill und Melinda Gates Foundation und 500 Millionen Euro aus Deutschland. [4] Damit sollen in den nächsten fünf Jahren 300 Millionen Kinder geimpft werden. Gavi hofft die Impfrate in den unterstützten Ländern von heute fünf Prozent aller Kinder auf 50 Prozent im Jahr 2020 steigern zu können. Gavi schätzt damit weitern fünf bis sechs Millionen Kindern das Leben zu retten. Damit kommt Gavi auf Kosten von 25 Dollar pro geimpften Kind oder 1500 Dollar pro gerettetem Kinderleben. Die Kosten dürften in Zukunft aber abnehmen, glaubt Berkley. Die nächsten fünf Jahre seien der „Höhepunkt“ der Gavi Ausgaben, da immer mehr Länder die Schwelle von 1570 Dollar Pro-Kopf-Einkommen überschreiten und anschliessend nicht mehr von Gavi unterstützt werden. [6]

Gavi sorgt aber nicht nur dafür, dass bestehende Impfstoffe für arme Länder erschwinglich sind, sondern beschleunigt auch die Einführung neuer Stoffe. Dies gilt etwa für die Pneumokokken Impfung. Die Bakterien dieses Namens verursachen meist eine Lungenentzündung, die für rund eine Million Kinder pro Jahr tödlich endet. Doch der Impfstoff ist teuer und wäre daher in Entwicklungsländern erst zehn bis 15 Jahre nach der Markteinführung in Industriestaaten erhältlich. Um dieses Problem zu lösen, hat Gavi die Möglichkeit grosse Mengen eines Impfstoffs für Jahre im voraus zu bestellen und die Preise entsprechend zu drücken. Für die nächsten zehn Jahre hat Gavi 1,5 Milliarden Dosen des Pneumokokken Impfstoffs bei den beiden Pharmafirmen Pfizer und Glaxo Smith Kline GSK bestellt. [7] Im Hinblick auf die Geberkonferenz in Berlin hat Pfizer eine weitere Preissenkung angekündigt: Statt 9,90 Dollar soll die Impfung für ein Kind nun 9,30 Dollar kosten. [8] Aus Sicht der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen MSF ist das aber immer noch zu viel: MSF fordert einen Preis von fünf Dollar pro Kind. „Pfizers Rabatt ist nicht angemessen.“, sagt Kate Elder von MSF. „Da Pfizer in den letzten vier Jahren 16 Milliarden Dollar mit diesem Impfstoff umgesetzt hat, glauben wir, dass die Firma mehr machen kann als einen mageren Rabatt von sechs Prozent.“ [9]

Ein weiteres Problem entsteht, wenn Länder ‚zu reich‘ werden, um weiter von Gavi unterstützt zu werden. Im Jahr 2000 hatten 73 Länder Anspruch auf Gavi Hilfe. Bis 2020 sind es nur noch 51. Die 22 ‚zu reichen‘ Länder sehen sich einem doppelten Kostenschub ausgesetzt: Zum einen verlieren sie die Gavi Subventionen und zum anderen müssen sie Impfstoffe nun auf dem freien Markt kaufen. Pfizer und GSK haben zwar angekündigt ihre Preise für diese Länder zehn Jahr lang einzufrieren. Trotzdem steigen gemäss MSF die Kosten im Fall von Indonesien um 1500 Prozent und im Fall von Armenien um 500 Prozent. [10] Aus diesem Grund planen 78 Prozent der ärmsten Ländern der Welt die Einführung der Pneumokokken Impfung aber nur 56 Prozent der Länder mit einem mittleren Einkommen und daher keine Gavi Unterstützung erhalten. [10] Dieses Problem wird sich weiter verschärfen, da immer mehr neue und teure Impfstoffe auf den Markt kommen: GSK hat die Zulassung für einen Malariaimpfstoff beantragt und der Pharmakonzern Sanofi Pasteur will nächstes Jahr eine Impfung gegen Gelbfieber auf den Markt bringen. [8] Damit könnten Millionen von Leben gerettet werden. Aber es kostet auch etwas. mic

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[1] Gavi, Graduation Policy

[2] The National, 26.01.2015: A price paid by the poor – Vaccines cost nearly 70 times what they did in 2001

[4] BMZ, 26.01.2015: Minister Müller eröffnet Geberkonferenz der internationalen Impfallianz Gavi in Berlin

[6] Wall Street Journal, 26.01.2015: U.S. to Give $1 Billion to Fund Immunizations

[7] Gavi, Advanced Market Contribution Pneumococcal Vaccines (PDF)

[8] Bloomberg, 27.01.2015: GAVI Close to Reaching $7.5 Billion Vaccines Fund Target

[9] The Guardian, 26.01.2015: Vaccine price cut pledge not enough, critics tell Pfizer

[10] MSF, Januar 2015: The Right Shot – Bringing down barriers to affordable and adapted vaccines (PDF)