Kommentar: Jamaika kann kommen

Die Wahlergebnisse sind heftig aber das Resultat ist eigentlich nicht schlecht. Zunächst zum Offensichtlichen: Die gestiegene Wahlbeteiligung ist positiv und der Einzug der AfD in den Bundestag negativ. Letzteres war aber zu erwarten. Trotzdem ist der AfD-Erfolg natürlich eine Zäsur: Zum ersten Mal seit 1945 sitzt wieder eine Partei im Reichstag, die völkische Ideen vertritt. Insofern ist es richtig, dass die SPD in die Opposition geht. Anfangs war diese Entscheidung irritierend, weil sie die anderen Mitte-Parteien in eine Jamaika-Koalition zwingt. Eine Wiederauflage der Grossen Koalition hätte aber zu eine weiteren Stärkung der Ränder geführt. Ausserdem stellt die SPD nun den Oppositionsführer und nicht die AfD. Die Jamaika-Koalition kann man derweil kaum als „Erdbeben“ bezeichnen. Schliesslich schicken sich hier drei (mit der CSU vier) bürgerliche Parteien an, eine Regierung zu bilden. Eine Revolution sieht anders aus. Dennoch könnte Jamaika wesentliche Impulse setzen: Die Grünen werden für mehr Klimaschutz sorgen als eine Grosse Koalition und die FDP kann endlich zeigen, ob sie wirklich bessere Ideen für das Steuerrecht hat. Ausserdem stärkt die FDP die Stimme der Freihändler in der Regierung. Durch geschicktes Verhandeln lassen sich die Stärken der verschiedenen Parteien kombinieren: So könnten FDP und Grüne etwa endlich ein punktebasiertes Einwanderungsgesetz durchdrücken, während sich die CSU um die Ausschaffung illegaler Ausländer kümmert. Das Wahlresultat zwingt Deutschland wichtige Debatten auf. Dank Jamaika als einziger Alternative zu Neuwahlen besteht allerdings die Hoffnung, dass dabei auch neue und kreative Lösungen gefunden werden. Jamaika kann kommen. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite