Asean-Binnenmarkt kommt langsam voran

Die Schweiz handelt derzeit mit den grössten Asean-Ländern Freihandelsabkommen aus

Freihändler haben derzeit in Europa und den USA einen schweren Stand. Anders in Südostasien: Dort arbeiten die zehn Asean-Staaten an ihrem Binnenmarkt und verhandeln fleissig neue Freihandelsabkommen – auch mit der Schweiz.

Am Anfang stand die Domino-Theorie, die besagt: Wenn ein Land Südostasiens kommunistisch wird, dann fallen die anderen Länder wie Dominosteine und werden ebenfalls kommunistisch. Im Jahr 1967 wütete in Vietnam, Laos und Kambodscha der Vietnamkrieg und in allen anderen Ländern Südostasiens gab es kommunistische Rebellen. Um dem Vormarsch des Kommunismus entgegen zu wirken, gründeten fünf Länder der Region einen Staatenbund: Asean. Zum 50. Geburtstag hat Asean zehn Mitgliedsländer. Längst gehören auch die – offiziell kommunistischen – Einparteien-Diktaturen Vietnam und Laos dazu. Während sich das politische Umfeld Südostasiens grundlegend geändert hat, ist eines geblieben: die geografische Lage. Die relativ kleinen Länder der Region sind eingezwängt zwischen China im Norden, Indien im Westen und den USA auf ihren Flugzeugträgern hinter dem Horizont.

Die Theorie. In den 60'er Jahren war die Weltrevolution noch kein Witz. (Grafik: Nyenyec / Wikimedia)
Die Theorie. In den 60’er Jahren war die Weltrevolution noch kein Witz. (Grafik: Nyenyec / Wikimedia)

Diese Lage haben die Asean Staaten bislang zu ihrem Vorteil zu nutzen gewusst. Der Staatenbund hat Handelsabkommen mit allen sechs, grossen Nachbarstaaten: China, Japan, Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland. Die vielen Freihandelsabkommen sind Ausdruck des südostasiatischen Entwicklungsmodells: Die früher als ‚Tigestaaten‘ bekannten Länder sind mit Ausnahme Indonesiens sehr exportorientiert. Während Exporte weltweit knapp 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, liegt dieser Wert in vielen Asean-Staaten deutlich höher (siehe Tabelle). Damit sind die Asean-Länder gut gefahren: Das Wirtschaftswachstum der Region liegt seit Jahrzehnten über dem weltweiten Durchschnitt. Auch dieses Jahr wird Asean um 4,8 Prozent wachsen während die Weltwirtschaft um 3,4 Prozent zunimmt. Die meisten Asean-Exporte gehen nach China, in die USA, die EU und nach Japan. Der Asean-Binnenhandel ist hingegen schwach ausgeprägt: Nur ein Viertel der Exporte gehen in andere Asean-Länder. In der EU liegt dieser Wert bei über 60 Prozent. Aus diesem Grund wollen die Asean-Länder einen Binnenmarkt schaffen – die ‚Asean Economic Community‘ (AEC). Diese existiert seit Anfang letzten Jahres. Bislang sind die Resultate aber eher bescheiden sagt Simon Tay, der Chef des Think Tanks ‚Singapore Institute of International Affairs‘: „Man kann zu recht etwas enttäuscht sein mit der AEC im ersten Jahr. Aber es stimmt mich vorsichtig optimistisch stimmt, dass einige Schlüsselländer den Reformbedarf auf nationaler Ebene sehen.“ [1]

Die Praxis. Nikita Chruschtschow und Ho Chi Minh diskutieren, wie sich die Kettenreaktion in Gang setzen lässt. (Foto: Sovfoto via manhhai / Flickr)
Die Praxis. Nikita Chruschtschow und Ho Chi Minh diskutieren, wie sich die Kettenreaktion in Gang setzen lässt. (Foto: Sovfoto via manhhai / Flickr)

Aus Schweizer Sicht waren die Asean-Länder zusammen genommen im Jahr 2015 der siebtgrösste Exportmarkt (ohne Gold) vor Japan und nach China. Bei den Schweizer Importen nahm Asean Platz zehn ein, vor Spanien und nach Holland. Innerhalb Aseans ist Singapur der wichtigste Handelspartner der Schweiz: Der kleine Inselstaat kauft mehr Schweizer Produkte als alle anderen Asean Staaten zusammen. Gemeinsam mit ihren Efta-Partnern Norwegen, Island und Liechtenstein hat die Schweiz seit 2003 ein Freihandelsabkommen mit Singapur. Mit Indonesien, Malaysia und Vietnam laufen derzeit im Rahmen der Efta Verhandlungen, die gemäss Angaben des Staatssekretariat für Wirtschaft Seco „baldmöglichst“ abgeschlossen werden sollen. Durch Abkommen mit diesen drei Ländern könnten Schweizer Exporteure 80 Millionen Franken an Zöllen sparen, schätzt die Schweizer Agentur zur Handelsförderung ‚Switzerland Global Enterprise‘. [2] Die Philippinen sind sogar bereits einen Schritt weiter: Das Abkommen ist bereits unterschrieben und soll in der Frühjahrssession des Parlaments verabschiedet werden. Das Seco rechnet daher damit, dass das Abkommen „im Laufe des Jahres“ in Kraft tritt. Die Verhandlungen mit Thailand liegen hingegen seit dem Militärputsch 2014 auf Eis und Verhandlungen mit Asean als Block stehen zur Zeit „nicht zur Diskussion“.

Die Asean Länder im Überblick

LandBevölkerungBIP pro Kopf*Exporte in % des BIPWachstum 2017Freihandels-vertrag mit Efta
Indonesien261 Mio.11'70221%5.50%In Verhandlung
Philippinen102 Mio.7'31828%6,1%Wohl in diesem Jahr in Kraft
Vietnam94 Mio.6'02090%6,5%In Verhandlung
Thailand68 Mio.16'27969%3,5%Verhandlungen liegen auf Eis
Burma (Myanmar)54 Mio.5'16421%8,3%
Malaysia31 Mio.26'14171%4,4%In Verhandlung
Kambodscha16 Mio.3'48662%7,1%
Laos7 Mio.5'33536%7,0%
Singapur6 Mio.84'901177%2,2%Seit 2003 in Kraft
Brunei0,4 Mio.78'47652%2,5%
Total640 Mio.12'160kein Wert4,8%
z. V. Schweiz8 Mio.59'37663%1,7%
z. V. EU510 Mio.40‘60043%1,6%
Spot the difference. Die Asean-Länder sind sehr viel unterschiedlicher als die EU-Staaten. (* in USD, kaufkraftbereinigt)

 

Schweizer Unternehmen treiben mit den Asean Staaten aber nicht nur Handel sondern investieren dort auch. Gemäss Zahlen des Seco [3] beliefen sich die Investitionen in den sechs grössten Asean-Märkten im Jahr 2015 auf knapp 33 Milliarden Franken. Damit beschäftigen Schweizer Firmen in der Region über 100‘000 Menschen. Die Hälfte der Investitionen entfällt auf Singapur, wo alle Schweizer Banken Niederlassungen haben. In den anderen Ländern dominiert hingegen die Schweizer Industrie. Aus Sicht von Gunter Denk, dem Chef der Beratungsfirma Sanet, sind die Asean-Staaten insbesondere im Vergleich zu China für Investoren attraktiv: „Die Vorteile sind beachtlich: Die Lohnkosten sind tiefer, die Geschäftskultur entspricht eher der unseren und lokale Angestellte sind einfacher zu finden als in China.“ Und dann sind da noch die Lage und die Freihandelsabkommen: „Als Fabrikant in Asean kann man den chinesischen Markt zollfrei und mit niedrigen Logistikkosten bedienen.“ So gesehen, liegt Südostasien eigentlich ganz praktisch. mic

 

Profitiert China von Trump?

Wie sich Asean handelspolitisch weiter entwickeln wird, ist unklar. Derzeit laufen Verhandlungen, um die zehn Asean Länder sowie China, Japan, Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland in einer grossen Freihandelszone zu vereinen: der Regional Comprehensive Economic Partnership (Rcep). Diese Initiative hat insbesondere durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten weiteren Rückenwind erhalten, da Trump die konkurrierende Transpazifische Partnerschaft (TPP) ablehnt. Die TPP ist fertig ausgehandelt und wurde in einigen Ländern wie Japan sogar schon ratifiziert. Im Gegensatz zur Rcep mit China als grösster Volkswirtschaft ist die TPP auf die USA ausgerichtet. Falls Trump die TPP tatsächlich scheitern lässt, steht China bereit, die hinterlassene Lücke zu füllen, wie Chinas Präsident Xi Jinping beim WEF in Davos klar machte: “Wir stehen für offene und transparente Freihandelsabkommen.” [4] China ist auch gut vorbereitet: Mit der ‚Ein Band, eine Strasse‘ Initiative will China die Infrastruktur Eurasiens revolutionieren. Geld dafür ist auch da: in der von China dominierten ‚Asian Infrastructure Investment Bank‘ (Aiib). mic

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[1] Channel News Asia, 29.12.2016: Slow start, but future remains bright for ASEAN Economic Community: Analysts

[2] SGE, Juni 2015: The savings potential of the FTA’s for Swiss exporters (PDF)

[3] Seco, Stand 23.01.2017: Siehe Länderprofile für Indonesien, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam

[4] WEF, 17.01.2017: President Xi’s speech to Davos in full