Der Handel mit Dienstleistungen soll vereinfacht werden

Der US-Handelsbeauftragte Ron Kirk kündigt Aufnahme von Verhandlungen in den nächsten 90 Tagen an

Die Industriestaaten haben beim Handel mit Dienstleistungen einen komparativen Vorteil. Doch ausgerechnet in diesem Bereich sind die Handelshemmnisse am höchsten. Das soll sich nun ändern.

Der Dienstleistungssektor macht in Industriestaaten 70 bis 80 Prozent der Wertschöpfung aus. Doch bei Verhandlungen über Handelserleichterungen wurde dieser Sektor stets stiefmütterlich behandelt. In der de facto gescheiterten Doha Runde der Welthandelsorganisation WTO war der Dienstleistungssektor gar eine Geisel: Die grossen Entwicklungsländer wollten erst über Landwirtschaft dann über Industriegüter und erst ganz zum Schluss über Dienstleistungen reden. Doch jetzt, wo die Doha Runde zumindest scheintot ist, kommt Bewegung in die Verhandlungen über Dienstleistungen: 20 Länder, darunter die EU und die Schweiz, wollen in den nächsten „90 Tagen“ in Genf Verhandlungen über eine Liberalisierung des Dienstleistungshandels aufnehmen, schreibt der US Handelsbeauftragte Ron Kirk in einem Brief an das US Parlament.

Entsprechend der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Dienstleistungssektors versprechen Handelserleichterungen nennenswerte Vorteile für die beteiligten Staaten. Das Peterson Institute for International Economics, ein US Think Tank, hat nachgerechnet: „In absoluten Zahlen würden die USA und die EU die grössten Exportgewinne verzeichnen, plus 14 und plus 21 Milliarden Dollar.“ Für die EU entspricht dies einem Zugewinn von rund 3,5 Prozent beim Dienstleistungshandel. Dabei beteiligen sich vorerst nur 20 Länder an den Verhandlungen: In Europa sind dies die EU, die Schweiz, Norwegen, Island und die Türkei. Auf der anderen Seite des Atlantiks machen die Länder der Nordamerikanische Freihandelszone also die USA, Kanada und Mexiko sowie die liberalen Länder Südamerikas mit (Chile, Costa Rica, Kolumbien, Panama und Peru). Und aus Asien sind Japan, Südkorea, Taiwan, Hong Kong, Israel und Pakistan sowie Australien und Neuseeland dabei. „Diese Länder repräsentieren knapp zwei Drittel des internationalen Handels mit Dienstleistungen und die USA hoffen, dass sich später noch weitere Länder dazu entschliessen an den Verhandlungen teilzunehmen.“ schreibt Kirk. Abwesend sind also die grossen Entwicklungsländer wie China, Indien oder Brasilien. Zumindest Indien könnte aber später noch dazu stossen, meint Edward Alden vom Council on Foreign Relations, einem US Think Tank: „Es ist anzunehmen, dass Länder wie Indien, die in einigen Dienstleistungsbereichen wettbewerbsfähig sind, doch noch mitmachen wollen, wenn die Verhandlungen weiter fortgeschritten sind.“

Wie schnell die Verhandlungen fortschreiten werden, ist aber noch unklar. Ron Kirk hat in seinem Brief an den US-Kongress keinen Termin für den Abschluss der Verhandlungen genannt. Doch Alden ist optimistisch: „Es beteiligen sich in erster Linie Industriestaaten an den Verhandlungen, die ein Interesse an einer Liberalisierung haben. Das sollte Fortschritte sehr viel einfacher machen.“ Hinzu kommt, dass sowohl die EU als auch die USA einen komparativen Vorteil beim Dienstleistungshandel haben. Im Gegensatz zum Güterhandel wo sowohl die USA als auch die EU ein Handelsdefizit verzeichnen, können sich Washington und Brüssel über einen Überschuss beim Dienstleistungshandel freuen. Ausserdem wächst der Handel mit Dienstleistungen schneller als der Güterhandel. Dabei stehen Dienstleistungsexporteuren derzeit noch hohe Hürden im Weg, wie das Peterson Institute herausgefunden hat: dazu gehören Lizenzbestimmungen, Akkreditierungspflichten und Nachteile beim öffentlichen Beschaffungswesen. Aber vielleicht ist das ja bald Geschichte. mic

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