Für einmal geht es beim Klima nicht um Geld

Die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern war die entscheidende Frage bei der Klimakonferenz in Lima

Vor fünf Jaharen haben die Industriestaaten den Entwicklungsländern versprochen, diese mit 100 Milliarden Dollar pro Jahr beim Klimaschutz und der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Anfangs wollten die Entwicklungsländer in Lima einen Fahrplan sehen, wie dieses Versprechen eingehalten werden soll. Doch dann verlor das Thema an Bedeutung.

Mit anderthalb Tagen Verspätung ging die UN-Klimakonferenz in der peruanischen Hauptstadt Lima am Sonntag Morgen zu Ende. Das wichtigste Ergebnis: Bis Ende März nächsten Jahres müssen die Länder der Welt dem UN-Klimasekretariat mitteilen, was sie ab dem Jahr 2020 für den Schutz des Klimas tun wollen. Um die Ziele der verschiedenen Länder vergleichbar zu machen, schreibt das Abkommen von Lima relativ detailliert vor, wie diese Eingaben der Länder auszusehen haben. „Damit besteht eine gute Basis für die Klimakonferenz in Paris im nächsten Jahr“ sagt Jennifer Morgan vom World Resources Insitute, einer Umweltorganisation. Weniger positiv äussert sich Sven Harmeling von der Entwicklungsorganisation Care: „Das Abkommen ist enttäuschend. Es fehlt etwa ein Mechanismus zur Evaluation der nationalen Emissionsziele. Aber es bringt uns bis Paris.“ Dort soll ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden, mit dem die Welt auf einen Emissionspfad gelangt, der die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels ermöglicht. Übersteigt die Klimaerwärmung zwei Grad werden Kipppunkte erreicht, ab denen sich der Klimawandel selbst verstärkt und nicht mehr zu stoppen ist.

Manuel Pulgar-Vidal (Mitte) und Christiana Figueres (rechts) haben es geschafft. Der 'Lima Call for Climate Action' ist verabschiedet. Nächstes Jahr ist es an Laurent Fabius (links) einen neuen Weltkilmavertrag zu schmieden, dem die 195 UNFCCC Mitgliedsländer zustimmen können. (Foto: Nick Reimer)
Manuel Pulgar-Vidal (Mitte) und Christiana Figueres (rechts) haben es geschafft. Der ‘Lima Call for Climate Action’ ist verabschiedet. Nächstes Jahr ist es an Laurent Fabius (links) einen neuen Weltkilmavertrag zu schmieden, dem die 195 UNFCCC Mitgliedsländer zustimmen können. (Foto: Nick Reimer)

Im Gegensatz zu früheren Klimakonferenzen war nicht der Streit um Geld der Grund für die grosse Verspätung. In den ersten zehn Tagen der Konferenz, forderten die Entwicklungsländer noch vehement einen Fahrplan zu den 100 Milliarden Dollar, die die Industriestaaten den Entwicklungsländern ab dem Jahr 2020 versprochen hatten. Doch dann wurde Geld bedeutungslos. Bereits Stunden vor Ende der Konferenz wurde eine inhaltslose Entscheidung zur Klimafinanzierung durchgewunken: „Durch diese Entscheidung ändert sich überhaupt Nichts“, sagt Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam.

Das bestimmende Thema in den letzten Stunden war die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Die UN-Klimakonvention listet in einem Anhang die Industriestaaten auf. Wer nicht auf dieser Liste aus dem Jahr 1992 steht, gilt als Entwicklungsland. Dieser Status war bislang mit Privilegien verbunden: Für Entwicklungsländer war Klimaschutz und die Unterstützung ärmerer Länder freiwillig. Während Griechenland mit einem Pro-Kopf-BIP von 25‘650 Dollar (Weltbank 2013, kaufkraftbereinigt) dazu verpflichtet ist, seine Emissionen zu senken und Klimagelder bereit zu stellen, ist dies für Saudi Arabien freiwillig. Dabei ist das Königreich mit einem Pro-Kopf-BIP von 53‘780 Dollar doppelt so reich. Dies soll sich mit dem neuen Klimavertrag von Paris ändern. In Zukunft müssen alle Länder ihre CO2 Emissionen begrenzen.

Doch einige Entwicklungsländer sind noch nicht bereit, die alte Zweiteilung der Welt aufzugeben. Denn es geht nicht nur ums Klima: „Das Abkommen von Paris ist die zentrale Weichenstellung für die zwischenstaatliche Ordnung der Welt“, sagt Jochen Flasbarth, Staatssekretär im deutschen Umweltministerium. „Hier geht es nicht nur ums Klima. Eine neue Ordnung hat auch Auswirkungen auf andere Politikbereiche.“ In Lima hat sich der Widerstand gegen diese neue Ordnung in einer Verhandlungsgruppe organisiert, der ‚Gruppe der Gleichgesinnten‘. Zu dieser Gruppe gehören China, Indien, Ölexporteure wie Saudi Arabien und Venezuela, sowie linke lateinamerikanische Länder wie Kuba und Bolivien. Sprecher der Gruppe ist dieses Jahr Malaysia. Dieses lehnte sogar einen Halbsatz ab, der „Länder , die dazu willens sind“ einlädt, Klimageld bereit zu stellen. Denn dadurch könnte ja die Zweiteilung aus dem Jahr 1992 aufgeweicht werden.

Als Beispiel für die Zweiteilung der Welt dient Malaysia auch der Applaus im Konferenzraum: “Wenn geklatscht wird, sieht man die Zweiteilung der Welt”, sagt der malaysische Delegierte. Und tatsächlich: Beim Applaus zeigen sich zwei klar getrennte Gruppen. Doch Malaysia hat etwas übersehen: „Beim Applaus zeigt sich, dass die klassische Zweiteilung der Welt in Industrie- und Entwicklungsländer nicht mehr existiert“, sagt Flasbarth. Denn die Fronten verlaufen anders: Die EU, die USA, die Schweiz, die fortschrittlichen lateinamerikanischen Länder, die kleinen Inselstaaten und die ärmsten Länder der Welt beklatschen sich gegenseitig. Die Gleichgesinnten werden hingegen nur von einigen afrikanischen Länder beklatscht. Es gibt eine Zweiteilung, aber sie ist politisch. “Manchmal wundere ich mich schon, wen manche afrikanischen Länder beklatschen”, sagt ein europäischer Delegierter. Die harten Auseinadersetzungen in Lima liessen sich aber auch positiv sehen, meint Franz Perrez: „Diese zeigen, dass China und die ‚Gleichgesinnten‘ den Vertrag von Paris ernst nehmen. Sie sind sich sehr bewusst, dass sie in Zukunft ebenfalls Verantwortung für das Klima übernehmen müssen.“ mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS
oder folgen sie der Facebook Seite