Russland und Saudi-Arabien treiben den Ölpreis hoch

Opec und Nicht-Opec-Länder vereinbaren geringere Ölproduktion

Kehrtwende am Ölmarkt. Russland und Saudi-Arabien versuchen nicht länger Marktanteile zu erobern, sondern wollen mit Förderkürzungen eine Preissteigerung erzwingen.

„Dies ist ein wahrlich historisches Ereignis“ sagte am Wochenende der russische Energieminister Alexander Novak. „Es ist das erste Mal, dass so viele ölproduzierende Länder aus verschiedenen Teilen der Welt sich in einem Raum versammelt haben und so viel erreicht haben wie wir.“ [1] Die Leistung dieser Länder besteht in den Augen Novaks in einer Förderkürzung. Ende November hatten die Opec-Länder unter Führung Saudi-Arabiens beschlossen ihre Produktion nächstes Jahr um 1,2 Millionen Fass (je 159 Liter) pro Tag zu drosseln. Daraufhin stieg der Ölpreis deutlich von 45 auf 52 Dollar pro Fass der Nordsee-Ölsorte Brent. Am Sonntag haben nun elf Nicht-Opec-Länder angekündigt die Förderung ebenfalls zu senken – um knapp 560’000 Fass pro Tag. Davon entfallen allein auf Russland 300’000 Fass. Anschliessend erklärte Saudi-Arabiens Ölminister Khalid al-Falih, sein Land werde die Förderung sogar „substantiell“ stärker kürzen als noch im November versprochen. [2] Die Wirkung blieb nicht aus: Am Montag stieg der Ölpreis auf zeitweise knapp 58 Dollar pro Fass.

Erhört. Gott hatte ein Einsehen und der Ölpreis steigt wieder. Jetzt müssen die Opec Mitglieder nur noch ihre "Neigung zu betrügen" im Zaum halten. (Foto: Ali Mansuri / Wikipedia)
Erhört. Gott hatte ein Einsehen und der Ölpreis steigt wieder. Jetzt müssen die Opec Mitglieder nur noch ihre “Neigung zu betrügen” im Zaum halten. (Foto: Ali Mansuri / Wikipedia)

Damit hat der Ölpreis ein neues Jahreshöchst erreicht. Noch Anfang 2016 lag der Preis bei 34 Dollar. Dies war die Folge eines spektakulären Preisverfalls. Bis Mitte 2014 kostete das ‚schwarze Gold’ stabil über 100 Dollar. Doch dann beschloss Saudi-Arabien den Markt zu fluten, um die US-Produzenten von Schieferöl aus dem Markt zu drücken. Das durch Fracking gewonnene US-Öl galt als teuer. Die vielen kleinen Fracking Firmen erwiesen sich aber als widerstandsfähiger als erwartet. Sie vermochten ihre Förderkosten erheblich zu senken. Die Zahl der Bohrtürme sank deutlich, doch die US-Förderung gab seit ihrem Rekord Mitte 2015 nur um neun Prozent nach. Damit war zuviel Öl auf dem Markt, denn auch Russland, der Iran und der Irak steigerten ihre Produktion, während das langsame Wachstum der Weltwirtschaft die Nachfrage dämpfte. Die Folgen für viele Ölexportländer waren dramatisch: In Saudi-Arabien schnellte das Haushaltsdefizit letztes Jahr auf 16 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und Venezuela steht vor der Pleite. Dies erklärt die Kehrtwende in den letzten Wochen. Statt Marktanteile gegenüber US-Firmen zu verteidigen, setzen die grossen Förderländer nun wieder auf einen höheren Preis.

Ob der Preis sich nun auf über 50 Dollar stabilisieren wird, hängt von zwei Faktoren ab: Zum einen müssen die beteiligten Länder die angekündigten Förderkürzungen auch tatsächlich umsetzen und hier hat selbst der ehemalige Ölminister Saudi-Arabiens, Ali al-Naimi, seine Zweifel: „Der unerfreuliche Teil ist, wir (die Opec-Länder) haben die Neigung zu betrügen.“ [3] Ausserdem sind einige grosse Produzenten von Förderkürzungen ausgenommen etwa Libyen und Nigeria. Zum anderen werden die US-Fracker ihre Produktion ausweiten. Die Frage ist nur um wieviel. In den USA gibt es mehr als 4000 bereits angebohrte Ölvorkommen, die aber nichts produzieren – die sogenannten DUCs (von englisch ‚drilled but uncompleted’). [4] Die US-Investmentbank Goldman Sachs prognostizierte daher bereits im September, dass die US-Ölproduktion Ende nächsten Jahres um bis zu 700’000 Fass pro Tag höher liegen wird als dieses Jahr. [5] Damit wäre knapp die Hälfte der angekündigten Förderkürzungen wieder wettgemacht. Auf eine Ausweitung des Fracking wird auch der designierte US-Präsident Donald Trump hinarbeiten. Er hat bereits mehrfach angekündigt, Auflagen für die umstrittene Fördertechnologie zu senken.

Auf der Nachfrageseite ist noch unklar, wie sich die chinesischen Ölimporte entwickeln werden. Die Regierung in Peking hat den bislang niedrigen Ölpreis genutzt, um eine strategische Reserven anzulegen. Doch nun sind die Tanks voll. Ausserdem will die Regierung der Luftverschmutzung Herr werden und rationiert daher den Ölimport durch Chinas Kleinraffinerien, den sogenannten Teepötten. Dieses Jahr sind die chinesischen Ölimporte noch um 14 Prozent gestiegen. Von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragte Analysten gehen allerdings davon aus, dass das Wachstum nächstes Jahr auf knapp fünf Prozent fallen wird. [6] „China war dieses Jahr definitiv ein Lichtblick für die Ölnachfrage aber nächstes Jahr wird es nicht mehr so substantiell sein“, sagt Michal Meidan, eine Analystin von Energy Aspects. [6] Ab übernächstem Jahr gilt dann die neue Quote für Elektroautos. Ab 2018 müssen Autohersteller dafür sorgen, dass acht Prozent der, von ihnen in China verkauften, Fahrzeuge emissionsfrei fahren. Stromproduzenten freut das, die Opec (und einige deutsche Hersteller) weniger.

Für eine Dämpfung der Ölnachfrage sorgt auch der Ölpreis selbst: Wenn Benzin mehr kostet, fahren die Leute weniger Auto. Hinzu kommt der steigende Dollar: Wenn Öl teurer wird, steigen die Inflation und damit die Zinsen. In den USA ist die Rendite von zehnjährigen Staatsanleihen am Montag zeitweise auf über 2,5 Prozent gestiegen. Noch im Juli lag dieser Wert einen vollen Prozentpunkt tiefer. Mit der Rendite auf US-Papiere steigt aber auch die Nachfrage nach US-Dollar und folglich der Dollarkurs. Dadurch verteuert sich Öl für alle Länder, deren Währung nicht an den Dollar gekoppelt ist. Das verstärkt die dämpfende Wirkung auf die Ölnachfrage. Kurz, sowohl angebots- als auch nachfrageseitig gibt es gute Gründe, warum der Ölpreis in den nächsten Monaten nicht weiter steigen wird. Letztlich gilt aber beim Ölpreis wie immer das Diktum von al-Naimi: der Preis sei „die Entscheidung Allahs“. [7] mic

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[1] Wall Street Journal, 12.12.2016: Oil Climbs as More Producers Join Output Cuts

[2] Bloomberg, 12.12.2016: Oil Surges as Saudis Eye Deeper Cuts While Non-OPEC Joins Deal

[3] Platts, 11.12.2016: Saudi Arabia signals aggressive cuts to show commitment to OPEC output deal

[4] Forbes, 28.10.2016: Why U.S. Oil Production Trumps Any Russian-OPEC Deal

[5] Forbes, 27.09.2016: Oil Production In U.S. To Soar Again, Says Goldman Sachs

[6] Bloomberg, 07.12.2016: The World’s Top Oil Market Is Starting to Lose Its Sheen

[7] The Independent, 05.05.2015: Saudi Arabia’s oil minister Ali al-Naimi: ‘Only Allah can set the price of oil’