Größte Drosselung der Ölproduktion wohl zu klein

Mexiko war als einziges Land auf Kollaps des Ölpreises vorbereitet

Weil Mexiko sich gegen den Absturz des Ölpreises versichert hat, konnte es sich der Opec-Forderung nach einer Förderkürzung um 400‘000 Fass pro Tag widersetzen. Daher wird weltweit die Förderung nun nicht um zehn sondern nur um 9,7 Millionen Fass gedrosselt.

Am Sonntag einigten sich die zehn Länder des Ölkartells Opec und zehn weitere Länder (ohne die USA) auf eine Drosselung der Ölproduktion. Ab dem 1. Mai soll diese für zwei Monate um 9,7 Millionen Fass pro Tag reduziert werden. Ein Fass entspricht 159 Liter. Das ist die größte Kürzung der Ölförderung aller Zeiten und übertrifft diejenige des Jahres 2008 um das Dreifache. Ab Juli wird die Produktion dann bis zum Jahresende noch um acht Millionen Fass pro Tag gekürzt. Der Deal ist ein Erfolg für US-Präsident Donald Trump, der Russland und Saudi Arabien zu dem Abkommen gedrängt hatte. Trump schrieb denn auch auf Twitter: „Dies wird Hunderttausende Energie-Jobs in den USA retten.“ [1] Trump verspricht sich von dem Deal einen steigenden Ölpreis. Dieser war von 66 Dollar pro Fass der Nordseesorte Brent zu Jahresbeginn auf 25 Dollar Anfang April abgestürzt. Am Montag zeigte sich der gewünschte Effekt allerdings nicht. Nach Öffnung der Börsen in Asien stieg der Ölpreis zwar auf über 33 Dollar, fiel dann aber wieder auf unter 31 Dollar zurück.

Pemex. Mexikos linkspopulistischer Präsident, Andrés Manuel López Obrador, will den Petróleos Mexicanos wieder zum alten Glanz verhelfen. (Foto: diaper / Flickr)

Es gibt mehrere Gründe, die gegen einen deutlichen Anstieg des Ölpreises sprechen. Zum einen ist Förderkürzung kleiner als sie erscheint. Im Vergleich zum Durchschnitt des ersten Quartals 2020 wird die Mai- und Juniproduktion nur um 7,2 Millionen Fass geringer ausfallen, weil Länder wie Saudi Arabien im April ihre Produktion gesteigert haben. [2] Zum anderen ist der Rückgang der Ölnachfrage deutlich grösser. Im April und Mai liegt diese um über 30 Millionen Fass pro Tag unter dem Wert des Jahres 2019, schätzt das Rohstoffhandelshaus Trafigura. [3] Der Ölanalyst Damien Couravalin von der US-Investmentbank Goldman Sachs schreibt daher, der Deal sei „historisch aber unzureichend“. [2] Das bedeutet, dass sich die Lagertanks für Öl weiter schnell füllen. Couravalin erwartet, dass „die kombinierte Lagerkapazität von Firmen und Regierungen Ende April erreicht wird“. An diesem Punkt werden dann „niedrige Ölpreise alle Produzenten dazu zwingen, zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage beizutragen“. Denn sind erst mal alle Lagertanks voll, dann bleibt den Ölproduzenten gar nichts anderes übrig, als die Förderung zu drosseln.

Bis es so weit ist, bleibt auch fraglich, ob sich wirklich alle Länder an den Deal halten werden. Ein Land hat nämlich schon einen Rabatt herausgehandelt: Mexiko. Das Land war als einziges auf den Absturz des Ölpreises vorbereitet und ist jetzt von diesem kaum betroffen. Mexiko fördert nur 1,75 Millionen Fass Öl pro Tag und hätte die Produktion um 400‘000 Fass kürzen sollen. Das Land offerierte aber nur eine Kürzung um 100‘000 Fass und konnte sich damit durchsetzen. Der Grund dafür: Mexiko kann der Ölpreis egal sein. Das Land sichert sich seit dem Jahr 2005 jedes Jahr mit Finanzderivaten gegen einen Kollaps des Ölpreises ab. [4] Diese Versicherung kostet etwa eine Milliarde Dollar pro Jahr. Hin und wieder lohnt sich das dann aber: Im Jahr 2009 bekam Mexiko 5,1 Milliarden Dollar zurück und in den Jahren 2015 und 2016 weitere 6,4 und 2,7 Milliarden Dollar. „Die Versicherungspolice ist nicht billig“ sagte Mexikos Finanzminister Arturo Herrera im März gegenüber dem Fernsehsender Televisa. „Aber es ist eine Versicherung für Zeiten wie jetzt. Unser Staatshaushalt wird keinen Schlag abbekommen.“ [4] Zu welchem Preis Mexiko seine Ölexporte abgesichert hat, ist ein Staatsgeheimnis. Eine Überschlagsrechnung der Nachrichtenagentur Bloomberg geht allerdings von 45 Dollar pro Fass aus. [4] Derzeit ist ein Fass mexikanischen Öls für unter 20 Dollar zu haben. Wenn das so bleibt, wird sich Mexikos Finanzminister über einen Scheck von seiner Versicherung über rund sechs Milliarden Dollar freuen können. Außerdem musste er die Förderung weniger stark drosseln als andere Länder. Kein schlechter Deal. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] Donald Trump, 13.04.2020: Twitter Status Update

[2] Goldman Sachs via ZeroHedge, 12.04.2020: “The Cut Is Just 4.3MMbpd”- Goldman Throws Up Over OPEC+ Deal, Sees Oil Dropping Back To $20

[3] Reuters, 31.03.2020: Global oil demand could fall around a third next month: Trafigura

[4] Bloomberg, 12.04.2020: The Secret Weapon Giving Mexico Power in the Oil-Price War