So geht Klimaschutz im 21. Jahrhundert

Historisches Abkommen schafft Rahmen für nationale Anstrengungen

Auf 31 Seiten regelt der neue Weltklimavertrag die internationale Zusammenarbeit beim Klimaschutz. Hier sind die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Ambition: Wie von Fabius angekündigt ist das 1,5 Grad Ziel im Text enthalten: Die Länder wollen “Anstrengungen unternehmen, um den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen.” Dies wird nicht einfach: Die zur Zeit vorliegende, nationalen Klimapläne “führen zu Emissionen von 55 Milliarden Tonnen im Jahr 2030”. “Doch viel grössere Emissionsreduktionen sind erfoderlich, um nur schon das Zwei-Grad-Ziel einzuhalten. Für dieses dürfen die Emissionen “44 Milliarden Tonnen” im Jahr 2030 nicht übersteigen. Die Nennung von konkreten Zahlen für die Emissionen ist eine Neuerung. Damit wird klar aufgezeigt, wo die Welt steht und wo sie hin muss. Für die “zweite Hälfte des Jahrhunderts” schreibt das Paris-Abkommen zudem ‘Klimaneutralität’ vor. Dieser Begriff ist aber in der vergangenen Nacht aus dem Text rausgefallen. Nun steht dort eine Definition für Klimaneutralität: Es darf nicht mehr CO2 emittiert werden als wieder absorbiert wird etwa durch Wälder.
  • Hebemechanismus: Da die vorliegenden Klimapläne nicht ausreichen die Klimaerwärmung auf zwei Grad geschweige denn auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssen die Pläne schnell ambitionierter werden. Dafür soll der ‘Hebemachanismus’ sorgen. Dieser ist verteilt auf verschiedene Paragraphen und funktioniert wie folgt: Im Jahr 2018 werden die Klimapläne zum ersten Mal überprüft. Dies soll die Länder dazu ermutigen ihre Klimaziele für die Jahre nach 2020 zu erhöhen. Im Jahr 2023 kommt dann die nächste Kontrolle. Diese dient dann als Basis für die Ziele der Periode 2026 bis 2030. Das Abkommen legt fest, dass die Länder alle fünf Jahre neue Ziele vorlegen müssen und dass diese Ziele immer anspruchsvoller werden. Dieser Fünf-Jahres-Rythmus gilt auch für Länder wie die EU, die Zehn-Jahres-Ziele haben.
  • Finanzierung: Das Paris-Abkommen legt fest, dass die Industrieländer von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar an Klimahilfen zur Verfügung stellen müssen. Während dieser Zeit sind andere Länder dazu “eingeladen auf freiwilliger Basis” ebenfalls Unterstützung zu leisten. Für das Jahr 2026 soll dann ein neues, kollektives Finanzziel festgelegt werden, das über die 100 Milliarden hinaus geht. Der Clou: Wer ab 2026 einen Beitrag zu diesem neuen Finanzziel leisten muss, steht nirgends. Damit zeichnet sich ein zweistufiges Vorgehen ab: Bis 2025 sind die Industrieländer noch alleine für die Klimafinanzierung verantwortlich und ab 2026 müssen dann auch wohlhabende Entwicklungsländer einen Beitrag leisten.
  • Transparenz: Hier haben sich die Industriestaaten durchgesetzt. Der aktuell vorliegende Text sieht ein einheitliches Transparenzsystem für alle Länder vor. Dieses soll aber flexibel sein, denn viele Länder haben derzeit noch nicht die nötigen Fähigkeiten, um eine CO2-Buchhaltung zu führen. Hier hilft etwa das deutsche Bundesamt für Umwelt. Derzeit unterstützt es zwanzig Länder beim Aufbau von Emissionsregistern. Die Entwicklungsländer hatten hier ursprünglich zwei Transparenzsystem gefordert, eins für Industrie- und eins für Entwicklungsländer.
  • Verluste und Schäden: Die USA wollten vermeiden, dass dieses Thema prominent im Paris-Abkommen figuriert. Doch damit konnten sie sich nicht durchsetzen. “Das ist der Durchbruch”, sagt Mohamed Adow von der Entwicklungsorganisation Christian Aid. “Verluste und Schäden war noch nie Teil eines internationalen Abkommens.” Erwähnung fand ausserdem klimabedingte Migration. Aus Sicht der Entwicklungsorganisation Oxfam bietet dies die Möglichkeit in Zukunft eine Koordinationsstelle für Klimaflüchtlinge zu schaffen. Doch die USA haben ein Trostpflaster bekommen: In einem weniger verbindlichen Teil des Abkommens ist festgehalten, dass damit “keine Grundlage für Haftung oder Schadensersatz geschaffen wird”. Dies war eine ‘rote Linie’ für die USA. Aufgrund des US-Rechtssystems haben sie die Befürchtung irgendwann wegen des Klimawandels zu Schadensersatzzahlungen verurteilt zu werden.
  • Wälder: Der Raubbau an den Wäldern trägt rund ein Fünftel zu den globalen Emissionen bei. Trotzdem war es bislang nicht gelungen Massnahmen zum Waldschutz in einem Klimaabkommen zu verankern. Dies hat sich in Paris geändert: “Das Paris-Abkommen umfasst Wälder – zum ersten Mal in der Geschichte der Klimaverhandlungen”, sagt der Waldspezialist Donald Lehr. “Das Abkommen verpflichtet alle Länder ‘Senken und Reservoire’ zu ‘bewahren und zu erweitern’. Dies ist Code für Wälder und andere Ökosystem wie Ozeane, die der Atmosphäre CO2 entziehen.” Das Abkommen institutionalisiert auch den Redd+ Mechanismus. Dieser sieht etwa Zahlungen an Gemeinden vor, die im oder am Wald leben und diesen schützen.
  • Menschenrechte: In der Präambel des Paris-Abkommens wird gefordert, die Menschenrechte beim Klimaschutz zu respektieren. Dies scheint unspektakulär, war aber nicht selbst verständlich. Insbesondere Saudi-Arabien wollte die Erwähnung von Menschenrechten und die Gleichberechtigung der Geschlechter aus dem Abkommen raushalten. Dies ist dem Wüstenkönigreich, das derzeit dem UN-Menschenrechtsrat angehört, nicht gelungen.
  • Flug- und Schiffsverkehr: Die Emissionen von Flugzeugen und Schiffen sind einmal mehr aus einem Klimaabkommen herausgefallen. Diese sollen von den relevanten Organisationen kontrolliert werden (ICAO für die Luftfahrt und IMO für den Schiffsverkehr). Doch diese beiden Organisationen hatten bislang wenig Erfolg bei der Begrenzung der Emissionen. Trotzdem konnten sich die Länder in Paris nicht darauf einigen, für diese Sektoren Ziele zu definieren oder Massnahmen festzulegen. Regine Günther von der Umweltorganisation WWF kommentierte dieses Resultat wie folgt: „Bitter ist, dass die Emissionen des internationalen Luft- und Schiffsverkehrs im Abkommen nicht einbezogen sind. Die Lobby hat wieder einmal ganze Arbeit geleistet.“
  • In-Kraft-Treten: Der neue Vertrag tritt in Kraft, wenn ihn 55 Länder, die zusammen 55 Prozent der Emissionen ausmachen, ratifiziert haben. Dies bedeutet, dass der Vertrag ohne China und die USA in Kraft treten könnte – vorausgesetzt alle anderen Länder ratifizieren das Abkommen. mic

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