194 Länder haben in 10 Tagen 5 Seiten gekürzt

Klimaverhandlungen in Bonn enden mit minimalem Ergebnis

Den Klimadiplomaten rennt die Zeit davon. In sechs Monaten soll in Paris ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden. Bei einer Vorbereitungskonferenz in Bonn wurden aber nur geringe Fortschritte erzielt.

Das Ziel der Klimaverhandlungen in den letzten zwei Wochen war, aus einer 90-seitigen Ideensammlung einen Vertragsentwurf zu machen, der die unterschiedlichen Positionen der Länder klar aufzeigt. Diesem Ziel sind die knapp 200 Länder nur minimal näher gekommen: der Text hat jetzt 85 Seiten. [1] Aus Sicht der Leiterin der EU Delegation Elina Bardram ist daher klar: „Mit diesem Tempo können wir nicht weiter machen.“ Denn im Dezember dieses Jahres soll in Paris ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden. Damit das klappt brauchen die Minister schon im Sommer einen Vertragsentwurf. Diesen sollen nun die beiden Co-Vorsitzenden dieses Verhandlungsstrangs erarbeiten. Das ist ungewöhnlich, denn die Co-Vorsitzenden haben sonst nur eine vermittelnde Rolle, während die Länder den Text unter sich ausmachen. „Ich verfolge diese Verhandlungen jetzt seit 20 Jahren. In dieser Zeit habe ich noch nie erlebt, dass die Länder so viel Vertrauen in die Co-Vorsitzenden setzen.“, sagt Alden Meyer, von der US-Organisation Union of Concerned Scientists. Die Chefin der UN-Klimakonvention Christiana Figueres warnt derweil die Öffentlichkeit vor einer Textfixierung: „Schauen Sie nicht nur auf den Text.“, und versichert: „Wir sind im Fahrplan.“

Mann mit Hammer: Jetzt müssen es die beiden Co-Vorsitzenden Ahmed Djoghlaf (mitte, Algerien) und Daniel Reifsnyder (rechts, USA)  richten. Die Länder beauftragen sie mit der  Überarbeitung des Verhandlungstextes. (Foto: IISD)
Mann mit Hammer: Jetzt müssen es die beiden Co-Vorsitzenden Ahmed Djoghlaf (mitte, Algerien) und Daniel Reifsnyder (rechts, USA) richten. Die Länder beauftragen sie mit der Überarbeitung des Verhandlungstextes. (Foto: IISD)

Der grösste Erfolg der Bonner Verhandlungen war die Einigung beim Schutz der Regenwälder. Die Rodung und Abholzung der Wälder ist für ein Fünftel der globalen CO2 Emissionen verantwortlich. Doch bislang konnten diese Emissionen nicht mit Hilfe der UN-Klimakonvention reduziert werden, weil sich die Länder nicht auf Schutzklauseln zugunsten von Waldbewohnern einigen konnten. Dieses Problem wurde in Bonn abgeräumt: „Wir haben nun einen institutionellen Rahmen für den Schutz der Wälder“ sagt Jaco du Toit, von der Umweltorganisation WWF. Damit besteht die Möglichkeit den Waldschutz auch mit Mitteln des Grünen Klimafonds zu unterstützen. Positiv sehen die Umweltorganisationen auch die Verhandlungen über Klimaschutzmassnahmen vor dem Jahr 2020: „Ursprünglich gab es grosse Zurückhaltung in diese Verhandlungen einzusteigen.“, sagt Tasneem Essop vom WWF. „In Bonn haben nun aber alle Länder, Vorschläge auf den Tisch gelegt.“

Umweltorganisationen und Diplomaten werden zu dem nicht müde, auf das wachsende Momentum im Kampf gegen den Klimawandel hinzuweisen. So haben die G7 Staaten beschlossen, ihre Emissionen in diesem Jahrhundert auf Null zu reduzieren und der Papst wird nächste Woche eine Enzyklika zum Klimawandel veröffentlichen. Eine neue Studie des Klimaökonomen Nicholas Stern zeigt, dass die Emissionen in China nicht erst im Jahr 2030 sondern eher im Jahr 2025 oder noch früher ihren Höhepunkt erreichen. [2] Nicht zuletzt dank China haben ausserdem die Erneuerbaren die fossilen Energien abgehängt: Weltweit werden mittlerweile mehr Solar-, Wind- und Wasserkraftwerke gebaut, als solche für Kohle, Gas und Öl. „Was gerade passiert ist beispiellos in der Geschichte der internationalen Zusammenarbeit sowohl hinsichtlich der Vision als auch hinsichtlich der Dimension.“, sagt Figueres. „Alles muss sich gleichzeitig bewegen. Das ist natürlich ein sehr komplexer aber neuerdings auch ein sehr dynamischer Prozess.“ So ganz traut Figueres der Dynamik dennoch nicht. Die Klimaverhandlungen im Oktober wurden von einer Woche auf zwei Wochen verlängert, schliesslich ist der Text immer noch ein bisschen lang. mic

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[1] UNFCCC, 11.06.2015: Streamlined and consolidated text

[2] Nicholas Stern et al., 08.06.2015: China’s “new normal”: structural change, better growth, and peak emissions