Und sie bewegen sich doch

Die Klimabeamten haben ihre Arbeit weitgehend getan. Jetzt kommt es auf die Politiker an

Bei den gestern zu Ende gegangenen Klimaverhandlungen in Bangkok wurden „echte Fortschritte“ erzielt, sagt Yvo de Boer, der Leiter der Verhandlungen. Damit unterscheidet sich diese Runde der Verhandlungen von den vorhergehenden, bei denen nur marginale Fortschritte zu verzeichnen waren. Was jetzt noch fehlt sind die eigentlichen politischen Entscheidungen: Diese können aber nicht von den Klimaunterhändlern getroffen werden, sondern liegen in der Verantwortung ihrer Chefs, den Politikern: Diese müssen nun Reduktionsziele für die CO2 Emissionen ihrer Länder vereinbaren, die dem Stand der Klimawissenschaften gerecht werden und sie müssen Geld locker machen. „Ohne diese Entscheidungen hatten wir hier sehr konstruktive Gespräche für nichts.“ sagt de Boer. Während die Klimabeamten also auf die Zielgerade einbiegen, haben die Politiker ihre Arbeit noch vor sich.

In welche Richtung diese Entscheidungen gehen müssen, demonstrieren die Norweger: Sie haben angekündigt ihre CO2 Emissionen bis 2020 nicht um 30 sondern um 40 Prozent gegenüber 1990 senken zu wollen. Damit entsprechen sie der Forderung der Entwicklungsländer, dass die Industriestaaten ihre Emissionen um mindestens 40 Prozent senken. Und auch bei der Frage der Finanzierung von Klimaschutzmassnahmen und Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zeigt sich Bewegung: Während die EU Kommission bereits über konkrete Zahlen redet, haben die Amerikaner zumindest ihre Zahlungsbereitschaft erneut bekräftigt.

Der Natur internationaler Verhandlungen entsprechend, werden diese politischen Fragen aber erst auf den letzten Drücker bei den Abschlussverhandlungen in Kopenhagen entschieden werden können. Dabei dürften Reduktionsziele und die finanzielle Beiträge gegeneinander aufgerechnet werden: Wer mehr CO2 spart, zahlt weniger und umgekehrt.

In Bangkok ist derweil ein hitziger Streit um die rechtliche Form, die „Verpackung“, des erhofften Verhandlungsergebnisses entbrannt: Derzeit gibt es noch zwei Verträge, die UN Rahmenkonvention über den Klimawandel, kurz UNFCCC, und das in der Öffentlichkeit bekanntere Kyoto Protokoll. Während das UNFCCC sowohl Entwicklungs- wie auch Industrieländer und insbesondere auch die USA in die Pflicht nimmt, sieht das Kyoto Protokoll nur für die Industrieländer (ausser den USA) Emissionsreduktionen vor. Die USA schlagen nun vor das Kyoto Protokoll stillzulegen und einen einheitlichen Vertrag für alle Länder zu schaffen. Bislang wurde diese Position einzig von Japan geteilt. In Bangkok hat nun aber auch die EU signalisiert, dass sie ein einheitliches System dem Kyoto Protokoll vorzieht. Die Entwicklungsländer sind über diesen Vorschlag entsetzt und bestehen auf der Beibehaltung des zweigleisigen Systems. Sie fürchten, dass anstelle des völkerrechtlich verbindlichen Kyoto Protokolls, die Industrieländer nun nur noch unverbindliche Reduktionsziele abgeben. Für de Boer ist die ganze Aufregung allerdings verfrüht: „Das ist, wie wenn man sich über das Geschenkpapier streitet für ein Geschenk, dass man erst noch kaufen muss.“

Wie Inhalt und Verpackung des neuen Weltklimavertrags aussehen werden ist also weiter nur schemenhaft zu erkennen. Klar scheint einzig, dass die Zeit nicht reicht, um ein Abkommen in allen Details auszuhandeln. „Das Ziel ist, sich auf die Grundlinien für ein neues Rahmenabkommen zu einigen“ sagt Elliot Diringer, Spezialist für Klimapolitik am Pew Center, einem amerikanischen Think Tank. „Das Problem ist, dass das US-Klimagesetz wohl nicht bis Kopenhagen fertig wird“.
Damit das Verhandlungsergebnis in Kopenhagen als Erfolg gewertet werden kann, muss es für Diringer Klarheit in zwei Fragen schaffen:

  1. Mittelfristige Reduktionsziele: Um wieviel reduzieren alle Industrieländer (inklusive USA) zusammen ihre Emissionen und was machen die grossen Entwicklungsländer bis 2020?
  2. Finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer: Wieviel Geld bekommen die Entwicklungsländer für den klimafreundlichen Um- und Aufbau ihrer Volkswirtschaften? Stammt dieses Geld aus öffentlichen oder privaten Mitteln? Wie wird dieses Geld verteilt?

Werden diese Fragen geklärt ist die Konferenz in Kopenhagen für Diringer ein „riesiger Erfolg“. Wie die Verpackung dann genau aussieht ist dabei zweitrangig. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email