Und die Karawane zieht weiter

Auch der G8 Gipfel hat keinen Durchbruch bei den Klimaverhandlungen erreicht

Eine internationale Klimakonferenz folgt der anderen. Parallel setzt die US Regierung aber auch auf bilaterale Abkommen. Land-für-Land soll so für einen Erfolg in Kopenhagen gewonnen werden.
Schliesslich gab es doch noch einen Erfolg zu vermelden: Erst haben die grossen westlichen Industrieländer und Russland (G8) beschlossen, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Und dann haben die grossen Schwellenländer dieses Ziel ebenfalls akzeptiert. Zusammen sind diese Länder für über 80 Prozent der weltweiten CO2 Emissionen verantwortlich. Sind diese Beschlüsse aber eine „Trendwende“ wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte? Dies ist in zweierlei Hinsicht fraglich: Mehr und mehr Wissenschaftler halten das Zwei-Grad-Ziel für illusorisch. „Wir haben bereits 2,4 Grad Erwärmung im System“, sagt der Leiter des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung, Joachim Schellnhuber. Dass sich das Klima noch nicht so stark erwärmt habe, liege einzig an der Luftverschmutzung, die Sonnenlicht reflektiert. Ähnlich sieht das die Internationale Energieagentur IEA. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müsste der Athmosphäre CO2 entzogen werden, sagt die IEA. Von negativen Emissionen ist die Welt aber noch ein gutes Stück entfernt. Die Industrie- und Schwellenländer konnten sich noch nicht mal darauf einigen, wie die bestehenden Emissionen reduziert werden sollen. Die G8 Länder haben vorgeschlagen, dass die Industrieländer ihren CO2 Ausstoss bis 2050 um 80 Prozent reduzieren und die Welt insgesamt die Emissionen halbiert. Dem wollten sich die Schwellenländer nicht anschliessen. Denn die weltweite Reduktion um 50 Prozent hätte auch ihren Emissionen Grenzen gesetzt.

Doch es wäre falsch, nun China und Indien an den Klimapranger zu stellen. Ihre Weigerung hat einen Grund: In den beiden Verhandlungsfeldern, die ihnen besonders wichtig sind, haben die G8 Staaten nichts Neues anzubieten. Die Entwicklungsländer bestehen darauf, dass die Industrieländer nicht Versprechungen für das Jahr 2050 sondern konkrete Ziele für das Jahr 2020 abgeben. Ausserdem wollen sie Hilfsgelder für die Reduktion ihrer Emissionen und die Bewältigung der Klimaschäden. Auf kurzfristige Ziele konnten sich die reichen Länder aber nicht einigen und die Diskussion über Geld wurde einmal mehr vertagt, auf das G20 Treffen im September in Pittsburgh. Ausserdem dürfte Russland die Schwellenländer in ihrer Haltung noch bestärkt haben. Nachdem die Russen einer 80 Prozent Reduktion zugestimmt hatten, kam am folgenden Tag das Dementi: Russland könne unmöglich seine Emissionen derart stark reduzieren.

Und so zieht die Klimakarawane weiter. Noch sind ja 149 Tage bis zur Klimakonferenz in Kopenhagen, wo ein Nachfolger zum Kyoto-Protokoll verabschiedet werden soll. In dieser Zeit finden nicht nur fünf weitere internationale Konferenzen statt, sondern auch viele bilaterale Treffen. Für David Roberts vom amerikanischen Grist Magazin könnten diese Treffen schliesslich den Ausschlag geben: Die US Regierung versuche ein Land nach dem anderen mit kleineren Nebenabkommen für einen Erfolg in Kopenhagen zu gewinnen. So wurde während des Besuchs von US-Präsident Barack Obama in Moskau vereinbart eine Arbeitsgruppe für Energiefragen zu gründen. Diese könnte den Russen helfen ihren Schatz an CO2 Emissionszertifikaten zu heben. Wegen des Zusammenbruchs der Sowjetindustrie sitzen die Russen auf Emissionszertifikaten im Wert von knapp zwei Milliarden Euro. Aufgrund administrativer Unzulänglichkeiten, können sie diese aber nicht verkaufen.
Bei den Verhandlungen mit China und Indien wiederum spielen Handelsfragen eine zentrale Rolle: Das amerikanische Klimagesetz, das sich derzeit durch den Gesetzgebungsprozess windet, sieht Importlizenzen für Produkte aus Ländern ohne Klimagesetzgebung vor. In den Augen der Inder und Chinesen sind derartige Bestimmungen Teufelszeug. Und Brasilien, das einzige Schwellenland, das sofort bereit ist seine Emissionen zu senken, will Geld, um den Raubbau am Regenwald im Amazonas zu stoppen. Auch hier besteht die Möglichkeit eines bilateralen Übereinkommens bevor die eigentliche Konferenz in Kopenhagen beginnt. Dann wird sich zeigen, ob es der US Regierung gelungen ist, mit einem Netz von Technologie- Handels- und Entwicklungshilfevereinbarungen sicherzustellen, dass sich kein Land ein Scheitern der Verhandlungen leisten kann. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email