China eröffnet den größten CO2-Markt der Welt

Auswirkungen sind zumindest anfangs bescheiden

Für Ökonomen ist klar: CO2-Emissionen brauchen einen Preis, damit sie sinken. Das kann man mit dem Handel von CO2-Zertifikaten oder einer CO2-Steuer erreichen. China setzt für Kohlemeiler auf ersteres.

China hat diese Woche überraschend angekündigt, dass der Handel mit CO2-Zertifikaten dieses Jahr tatsächlich landesweit beginnt. Bislang gab es nur Pilotversuche in fünf Städten und drei Provinzen. Doch nun hat das Umweltministerium bekanntgegeben wie der nationale CO2-Markt funktionieren wird: Anfangs sind nur Kohlekraftwerke für ihre Emissionen verantwortlich. Doch die 2225 Meiler verursachen rund 40 Prozent von Chinas CO2-Ausstoß. Für diese Meiler gilt nun ein Grenzwert von 877 Kilo CO2 pro Megawattstunde (MWh) Strom. Für jede MWh, die ein Kraftwerk produziert, bekommt es folglich 0.877 CO2-Zertifikate – kostenlos. Meiler, die weniger CO2 emittieren, können so einen Teil der Zertifikate verkaufen. Und Meiler, die mehr CO2 emittieren müssen Zertifikate kaufen.

Grenzwertig? Der Wasserdampf bleibt gratis, aber die CO2-Emissionen könnten in Zukunft etwas kosten. (Foto: Huangdan2060 / Wikipedia)

Der Grenzwert sei „großzügig“ meint die Energieexpertin Yan Qin von Refinitiv, einem Dienst für Finanzmarktdaten. Der Wert entspreche etwa den durchschnittlichen Emissionen pro MWh im Jahr 2019. [1] Praktisch bedeutet das, dass in der ersten zweijährigen Handelsperiode nur kleinere und ältere Kraftwerke Zertifikate kaufen müssen. Das entspricht allerdings dem erklärten Ziel der Regierung, die diese Kohlemeiler aus dem Markt drücken will. Dass der Grenzwert den durchschnittlichen Emissionen im Jahr 2019 entspricht, hat aber wohl noch einen anderen Grund. Die Zuteilung der Zertifikate erfolgt rückwirkend: Dieses Jahr erhalten die Kraftwerke die Zertifikate für die Stromproduktion in den Jahren 2019 und 2020. Noch ist allerdings unklar, wann Kraftwerke, deren Emissionen über dem Grenzwert lagen, tatsächlich dafür mit Zertifikaten „bezahlen“ müssen.

Unklar ist auch noch an welcher Börse die Zertifikate gehandelt werden sollen. Trotzdem erwarten Marktbeobachter, dass in den ersten drei Monaten 2021 die erste Transaktion stattfindet. Damit das gelingt, sollen Anfang Februar die noch fehlenden Regeln für das Funktionieren des Markts nachgereicht werden. Für die Preisbildung wird entscheidend sein, welcher Grenzwert für die Handelsperiode 2021 und 2022 gilt. Da für die Periode 2019 und 2020 tendenziell zu viele Zertifikate im Markt sind, haben diese nur einen Wert, wenn absehbar ist, dass in der nächsten Periode Mangel herrscht und daher eine echte Nachfrage nach Zertifikaten besteht. Unbekannt ist auch noch, wann der Zertifikatehandel auf Gaskraftwerke und dann auf große Industriebetriebe wie Raffinerien oder Stahlhersteller ausgeweitet wird.

https://twitter.com/StianReklev/status/1346438774780096514?s=20

Die Beurteilungen von Chinas CO2-Markt fallen denn auch durchwachsen aus. Für Zhang Jianyu von der Umweltorganisation EDF China ist das Glas halb voll: „Das Emissionshandelssystem ist essentiell, um die Emissionen zu reduzieren sowie die damit verbundenen Kosten und ein effektives Preissignal zu schaffen. Daher wird das Handelssystem ein wirksames Instrument werden“, um Chinas Klimaziele zu erreichen. [2] Der CO2-Markt-Experte Stian Reklev von CarbonPulse sieht hingegen primär das Glas: „Es fängt ziemlich beschissen an, aber wenn die volle Struktur da ist, dann kann die Regierung diese über Nacht in ein nützliches Instrument umwandeln, wenn sie das will. Das ist ein großes Wenn und es ist unwahrscheinlich, dass das demnächst passiert.“ Trotzdem ist es natürlich ein Fortschritt, denn jetzt hat Chinas Regierung zumindest diese Option. mic

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[1] Yan Qin, 06.01.2020: Twitter Update

[2] EDF, 05.01.2020: China’s National ETS Open for Business