Klimaverhandlungen liegen im Plan

Der Gegensatz zwischen Industrie- und Entwicklungsländern wird differenzierter

Die Entwicklungsländer bilden nur noch bei der Klimafinanzierung einen geschlossen Block. Bei den anderen Fragen stehen Entwicklungsländer auf beiden Seiten der ‘Front’. Dies müssen die Minister diese Woche nutzen, um ein anspruchsvolles Klimaabkommen zu vereinbaren.

In der ersten Woche der UN-Klimaverhandlungen in Paris haben Diplomaten den Entwurf des neuen Weltklimavertrags gestrafft und die wesentlichen Streitfragen herausgearbeitet. Damit liegen die Verhandlungen im Plan der französischen Konferenzpräsidentschaft. Deren Klimabotschafterin Laurent Tubiana sagte zum neuen Entwurf: „Wir hätten besser sein können, aber auch sehr viel schlechter.“ Der Text hat nun 42 statt 54 Seiten wie noch zu Beginn der ersten Woche. Bei den wichtigsten Streitpunkten stehen aber noch gegensätzliche Optionen im Text, für die in der zweiten Woche die Minister einen Konsens finden müssen.

Warm up. Vertreter der Youngos (Ja, das gibt's. Das sind die Jugendorganisationen.) wärmen sich auf, weil die Klimaerwärmung noch nicht in Le Bourget angekommen ist. (Foto: IISD)
Warm up. Vertreter der Youngos (Ja, das gibt’s. Das sind die Jugendorganisationen.) wärmen sich auf, weil die Klimaerwärmung noch nicht in Le Bourget angekommen ist. (Foto: IISD)

Aus diesem Grund blickt Martin Kaiser von Greenpeace mit gemischten Gefühlen der zweiten Woche entgegen: „Ich bin optimistisch hinsichtlich des Verhandlungsprozesses aber weniger hinsichtlich des Inhalts.“ Im Vorfeld der Klimakonferenz hatten 185 der 195 Länder einen nationalen Klimaschutzplan vorgelegt, was bereits als Erfolg der Konferenz gilt. Doch mit diesen Plänen kann die Klimaerwärmung nicht auf zwei geschweige denn auf 1,5 Grad begrenzt werden. Letzteres fordern über 100 Länder. Carole Dieschburg, die Umweltministerin Luxemburgs, sagte, dass „eine kleine aber mächtige Gruppe von Ländern“ das 1,5 Grad Ziel vehement ablehnt. Wer diese Länder sind ist klar: die Gruppe arabischer Länder unter Führung von Saudi-Arabien sowie einige weitere Ölexporteure wie Venezuela. Diese lehnen auch Begriffe wie „Dekarboniserung“ und „Klimaneutralität“ als Langfristziel ab und wollen verhindern, dass sich die Staaten zu „100 Prozent Erneuerbaren“ bekennen. „Die Feinde eines vernünftigen Klimaabkommens wissen, dass sie noch eine Woche haben um Begriffe zu eliminieren, die die Welt zur ‘Dekarbonisierung’ verpflichten“, sagt Kaiser.

Eine andere Ländergruppe mit ähnlicher Zusammensetzung leistet derweil bei der Unterscheidung zwischen den Ländern erbitterten Widerstand. Angeführt von Indien wollen sie verhindern, dass die ‘Brandmauer’ zwischen Industrie- und Entwicklungsländern in der UN-Klimakonvention aus dem Jahr 1992 an die Welt des 21. Jahrhunderts angepasst wird. Bislang sind nur Industriestaaten zum Klimaschutz und zur Unterstützung ärmerer Länder verpflichtet, während dies für die sogenannten Entwicklungsländer freiwillig ist. Dies zeigt sich etwa bei der CO2-Buchhaltung und dem Berichtswesen. Hier gibt es zwei Systeme. Die Industriestaaten wollen in Paris einheitliche Transparenzregeln für alle Länder vereinbaren, doch dies wird von den ‘gleichgesinnten Entwicklungsändern’ abgelehnt.

Trotz dieser Gegensätze sieht Liz Gallagher von der Umweltorganisation E3G die Dynamik der Verhandlungen positiv: „Der Nord-Süd-Gegensatz ist viel differenzierte geworden.“ Dies trifft etwa auf das Langfristziel und die ‘Brandmauer’ zu. Hier stehen sich nicht einfach Industrie- und Entwicklungsländer gegenüber: Auf beiden Seiten der ‘Front’ finden sich Entwicklungsländer. Der einzige Bereich wo dies noch nicht zu beobachten ist, sei die Klimafinanzierung sagt Gallagher. Hier fordern die Entwicklungsländer geschlossen, dass die Industriestaaten ihre Finanzzusage von 100 Milliarden Dollar ab dem Jahr 2020 in den Folgejahren weiter erhöhen. Dies lehnen die Industrieländer ab, solange der Kreis der Geberländer nicht ausgeweitet wird. „Derzeit hat Griechenland die Pflicht, Saudi Arabien finanziell zu unterstützen. Das ist offensichtlich absurd“, sagt Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation. Die Aufgabe, eine bessere Lösung für diese Absurdität zu finden, fällt diese Woche dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium Jochen Flasbarth zu. Er wurde zusammen mit seinem Kollegen aus Gabun von der Konferenzpräsidentschaft damit beauftragt eine Lösung für diese knifflige Frage zu finden.

Ausstehend ist schliesslich noch eine Lösung für das Thema ‘Verluste und Schäden’. Unter diesem Begriff aus der Versicherungswirtschaft versteht man unabwendbare Verluste durch den Klimawandel etwa den Untergang von Inseln. Hier wollen insbesondere die Inselstaaten mit dem Paris-Abkommen eine Institution schaffen, die sich dauerhaft, um dieses Thema kümmert. Dies wollen die Industrieländer unter Führung der USA wenn möglich vermeiden Die US-Rechtstradition ist durch strikte Haftungsregeln und sehr hohe Schadensersatzzahlungen geprägt. Daher wollen die USA jede Regelung verhindern, die Haftung für Klimaschäden vorsieht. mic

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