Großbritannien hebt sein Klimaziel deutlich an

Druck auf EU steigt nächste Woche nachzuziehen

Das ging schnell: Nur Stunden nachdem Regierungsberater eine Empfehlung für ein neues britisches Emissionsziel veröffentlicht hatten, erklärte die britische Regierung dieses zum offiziellen Ziel des Landes. Großbritannien geht damit in der internationalen Klimapolitik in Führung.

Gestern Nacht hat der britische Premierminister Boris Johnson das neue Klimaziel für sein Land bekannt gegeben: In zehn Jahren sollen die Emissionen um 68 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. [1] Das ist eine deutliche Verbesserung des britischen Klimaziels. Bislang sollten die Emissionen nur um 57 Prozent sinken. Johnson folgt damit dem Rat des britischen Klimakomitees CCC, einem Beratergremium der Regierung. Dieses hatte gestern Nachmittag das neue Klimaziel empfohlen. [2] Richard Black vom britischen Klimathinktank ECIU sagte dazu: „Obwohl das Ambitionsniveau nicht alle Klimaaktivisten zufrieden stellen wird, ist dies bislang die signifikanteste Ankündigung von allen größeren Volkswirtschaften und beschleunigt das Tempo der Emissionssenkung um etwa 50 Prozent.“

Riesen unter sich. Großbritannien ist eines der führenden Länder bei Offshore Wind. (Foto: Siemens Gamesa)

In den letzten Wochen haben viele Länder angekündigt, bis 2050 (EU, Japan, Südkorea, Kanada) oder 2060 (China) CO2-neutral zu wirtschaften. In den meisten Ländern entsprechen die Klimaziele für das Jahr 2030 aber nicht diesem Anspruch. Großbritannien übernimmt daher mit dem neuen Emissionsziel eine Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik. Das ist wohl auch dem Umstand zu verdanken, dass die nächste UN-Klimakonferenz im November 2021 im schottischen Glasgow stattfinden wird. Zur Vorbereitung findet Ende nächster Woche ein virtueller Klimagipfel statt, wo erwartet wird, dass noch mehr Länder neue Klimaziele bekannt geben etwa die EU. Diese will ebenfalls nächste Woche eine Anhebung ihres Emissionsziels von minus 40 Prozent auf minus 55 Prozent gegenüber 1990 verabschieden. Nick Mabey vom britischen Thinktank E3G sagt dazu: „Zu versagen, wo Großbritannien erfolgreich war, wäre international extrem peinlich.“ Noch ist allerdings nicht sicher, ob nicht doch ein Land wie Polen das neue EU-Ziel blockiert.

Mit dem neuen Ziel erhöht Johnson aber nicht nur den Druck auf die EU, sondern vor allem auch auf seine eigene Regierung. Johnson hat letzte Woche zehn Klimamaßnahmen vorgestellt wie ein Verbot des Verkaufs von Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren ab 2030. Doch diese Maßnahmen reichten noch nicht mal um das alte Ziel einer Emissionsreduktion von 57 Prozent zu erreichen geschweige denn das neue von 68 Prozent. [3] Hinzu kommt, dass Großbritannien schon heute fast keinen Kohlestrom mehr hat und der letzte Meiler 2024 vom Netz geht. Das heißt, Gaskraftwerke müssen schneller durch Sonne und Wind ersetzt werden, so wie Gasheizungen durch Wärmepumpen und Benzinautos durch Elektroautos. All das sei aber „machbar“ schreibt das CCC. Umweltorganisationen hätten allerdings noch mehr für möglich gehalten und forderten eine Reduktion um 75 Prozent. Ed Matthew vom britischen Umweltnetzwerk The Climate Coalition sagte: „Eine ambitioniertere Senkung ist machbar und nötig und spiegelt unsere riesige Verantwortung für die Emissionen der Vergangenheit.“ mic

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[1] UK Government, 03.11.2020: UK sets ambitious new climate target ahead of UN Summit

[2] CCC, 03.11.2020: Advice on the UK’s 2030 NDC (PDF)

[3] NewScientist, 03.11.2020: UK sets ambitious climate goal of 68 per cent emissions cut by 2030