Häuser aus Gras

Bambus hat ähnliche Eigenschaften wie Stahl

Trotz der bemerkenswerten Eigenschaften von Bambus, wird dieser kaum als Baumaterial verwendet. Aus Klimasicht ist das eine verpasste Chance.

Was hat die Zugfestigkeit von Stahl, die doppelte Druckfestigkeit von Beton und wächst bis zu einem Meter pro Tag? Bambus. Damit wäre das Riesengras eigentlich das ideale Baumaterial. Doch Pandas wissen, warum Bambus nur von den Ärmsten zum Bau ihrer Hütten genutzt wird: Frischer Bambus enthält sehr viel Zucker und zieht daher Insekten an, welche die ‚Bambushalme‘ innert kürzester Zeit durchlöchern. Ausserdem muss Bambus vor Regen und Sonne geschützt werden, wenn er Jahrzehnte halten soll. „Es ist nicht erstaunlich, dass Bambus einen schlechten Ruf hat“, sagt Markus Roselieb, der österreichische Chef der Architekturfirma ‚Chiang Mai Life Architects‘ in Chiang Mai, Thailand. [1] „Das liegt aber nicht an den Eigenschaften von Bambus, sondern an der Ignoranz der Nutzer, die Bambus nicht richtig auswählen, verarbeiten und falsch verwenden.“

Schöner turnen. Für das Design der Turnhalle und Aula der Panyaden Schule hat sich Roselieb von einer Lotosblüte inspirieren lassen. Mit dem Bau gewann er letztes Jahr Chinas wichtigsten Architekturpreis, den 'Idea Tops Green Architecture Award'. (Foto: Alberto Cosi)
Schöner turnen. Für das Design der Turnhalle und Aula der Panyaden Schule hat sich Roselieb von einer Lotosblüte inspirieren lassen. Mit dem Bau gewann er letztes Jahr Chinas wichtigsten Architekturpreis, den ‘Idea Tops Green Architecture Award’. (Foto: Alberto Cosi)

Dass Bambus auch für grosse Bauten geeignet ist, hat Roselieb mit der Turnhalle der Panyaden Schule in Chiang Mai bewiesen. [2] Diese hat eine Grundfläche von knapp 800 Quadratmeter und soll mindestens 50 Jahre halten. Um das zu erreichen hat die Halle ein weit auskragendes Dach, damit die tragenden Säulen immer im Schatten und Trockenen stehen. Zudem wurde der ‚Baubambus‘ zuvor mit Borax (Natriumtetraborat), einem Salz, behandelt: Erst werden die einzelnen Kammern der Bambushalme aufgebohrt und dann werden diese in ein Boraxbad gelegt. Das Salz dient der Konservierung, verhindert Insektenbefall und ist Feuer hemmend. Doch Bambusbauten steht noch ein anderes Problem entgegen: Baunormen. „Unser Baugesuch wurde von der Stadt und der Provinz abgelehnt“, erzählt Roselieb. „Nach einem Jahr hatten wir dann einen Termin bei der nationalen Baubehörde in Bangkok und diese hat uns eine Sondergenehmigung erteilt.“

Gebündelt. Die Rundbögen aus Bambusbündeln haben eine Spannbreite von 15 Metern. (Foto: Markus Roselieb)
Gebündelt. Die Rundbögen aus Bambusbündeln haben eine Spannbreite von 15 Metern. (Foto: Markus Roselieb)

Wirklich prüfen konnte die Behörde das Baugesuch allerdings nicht. Weltweit gibt es nur wenige Statiker, die in der Lage sind, die Standfestigkeit von Bambusbauten zu berechnen. Zudem gibt es weltweit 1400 Bambusarten, mit jeweils anderen Eigenschaften. Der meistgenutzte ‚Baubambus‘ ist der Guadua Bambus aus Kolumbien mit einem Durchmesser von 11 Zentimetern. Doch Roselieb baut vor allem mit Bündeln mehrerer Halme einer dünneren, thailändischen Bambusart. Diese Bündel lassen sich besser biegen, um Rundbögen zu erstellen. Wie wenig mit Bambus gebaut wird, zeigt sich auch am Bambusangebot: In Thailand gibt es noch keine einzige Bambusplantage. Roselieb bezieht daher wilden Bambus aus Dörfern in der Umgebung Chiang Mais. Auch dessen Verarbeitung erfolgt noch manuell vom Boraxbad bis zur Herstellung von Bambusnägeln. Damit ist Bambus kein billiger Baustoff mehr, weshalb die Baukosten für die Turnhalle einem vergleichbaren Bau aus Beton und Stahl entsprachen: rund 240‘000 Euro (280‘000 Franken). „Wenn man die Kosten deutlich senken will, muss man Bambus in grossem Stil industriell verarbeiten“ so Roselieb.

Eingebettet. Ausser mit Bambus baut Roselieb auch mit Lehm etwa für die Wände der Klassenzimmer. (Foto: Markus Roselieb)
Eingebettet. Ausser mit Bambus baut Roselieb auch mit Lehm etwa für die Wände der Klassenzimmer. (Foto: Markus Roselieb)

Das fordert etwa Pablo van der Lugt von der Universität Delft: „Die Zukunft von Bambus sind industriell produzierte Baustoffe auf Bambusbasis.“ [3] Derzeit ist der grösste Markt Bambusparkett. Van der Lugt hofft aber, dass mit mehr Mitteln für Forschung noch weitere Anwendungen für Bambus gefunden werden, um Stahl, Holz und Plastik zu ersetzen. Denn ein steigender Bambusverbrauch schützt das Klima gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen werden die Treibhausgase eingespart, die bei der Herstellung von Stahl oder Plastik angefallen wären. Zum anderen bindet Bambus Kohlenstoff über die Lebensdauer jedes bambusbasierten Produkts. Aus Klimasicht hat Bambus zudem einen Vorteil gegenüber Holz: Weil Bambus schneller wächst, entzieht eine Bambusplantage der Atmosphäre mehr CO2 pro Jahr als eine gleich grosse Holzplantage. Zudem muss Bambus nicht nachgepflanzt werden: Bambushalme spriessen aus einem Wurzelstock (Rhizom) wie andere Gräser auch. Nach vier bis sechs Jahren können die Halme dann geerntet werden. Es kommt daher nie zum Kahlschlag, sondern einer Bambusplantage werden jedes Jahr die ältesten Halme entnommen. Bambus ist ausserdem relativ genügsam und wächst auch auf schlechten Böden. Damit wäre Bambus auch für die Rehabilitierung von geschädigten Böden oder Wiederaufforstungsprojekte geeignet. Doch auch hier wird Bambus bislang übersehen: Mit Gras kann man nicht aufforsten. mic

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[1] Siehe: Chiang Mai Life Architects und Chiang Mai Life Construction

[2] Siehe: Panyaden International School

[3] Pablo van der Lugt, 18.12.2017: Bamboo to Save the World (YouTube clip eines TEDxErasmusUniversityRotterdam Events)