Paris Abkommen wartet noch auf Gebrauchsanleitung

Für Klimadiplomaten beginnt nächste Woche der Endspurt bei der Erarbeitung des Regelwerks

Dieses Jahr kommen drei klimapolitische Prozesse zum Abschluss: die Verhandlungen über die Gebrauchsanleitung für das Paris Abkommen, die erste Prüfung der Zielerreichung und der Bericht des Klimarats zum 1,5-Grad-Ziel. Das könnte für neue Dynamik in der Klimapolitik sorgen.

Die diesjährige Runde der Klimaverhandlungen beginnt nächste Woche in Bonn. Dort müssen Fortschritte bei der Erarbeitung der Gebrauchsanleitung für das Paris Abkommen erzielt werden, damit diese im Dezember dann auch verabschiedet werden kann. „Das hört sich nach einer sehr technischen Übung an, ist aber wichtig“, sagt Todd Stern der ehemalige Klimagesandte der USA. [1] „Diese Regeln haben viel damit zu tun, wie stark das System wird.“ Derzeit liegen für diese Regeln Ideensammlungen vor, die nun in Verhandlungstext überführt werden müssen. Dabei geht es von der Ausgestaltung der nationalen Klimapläne, über die Buchhaltung für Emissionen und Klimahilfen bis zur Prüfung, ob die Ziele des Abkommens auch erreicht werden. Zum Stand der Arbeit gibt es widersprüchliche Aussagen. Stern sagt: „Die Verhandlungen geben derzeit Anlass zur Sorge.“ [1] Die beiden Co-Vorsitzenden der Verhandlungen, Sarah Baashan (Saudi Arabien) und Jo Tyndall (Neuseeland), schreiben hingegen, die Arbeiten seien „auf Kurs“ aber das Tempo müsse „signifikant erhöht“ werden. [2]

Back in Bonn. Während der Klimakonferenz letztes Jahr in Bonn war ein grosser Teil der Rheinauen ein extraterritoriales Hoheitsgebiet der UNO. Längst haben die Bonner ihre Auen aber wieder zurück. (Foto: Leit / Wikimedia
Back in Bonn. Während der Klimakonferenz letztes Jahr in Bonn war ein grosser Teil der Rheinauen ein extraterritoriales Hoheitsgebiet der UNO. Längst haben die Bonner ihre Auen aber wieder zurück. (Foto: Leit / Wikimedia)

Wie gewohnt ist die Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern das heikelste Problem. Das Paris Abkommen verpflichtet alle Länder zum Klimaschutz. Das schliesst unterschiedliche Regeln aber nicht automatisch aus. Eine Länderallianz um China und Indien will daher erreichen, dass zwei verschiedene Gebrauchsanleitungen erarbeitet werden. Dies wollen die EU, die USA und die Schweiz unbedingt verhindern. Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation, ist optimistisch, dass das gelingt: „Ich bin zuversichtlich, dass es nur ein Regelbuch geben wird.“ Wie vom Paris Abkommen vorgesehen, werde dieses aber „spezifische Flexibilitäten“ für die ärmsten Länder und die kleinen Inselstaaten enthalten.

Aber auch das beste Regelwerk bringt wenig, wenn den Ländern der Ehrgeiz fehlt, die Klimaziele auch zu erreichen. Noch sind die Klimapläne der Länder unzureichend, um die Klimaerwärmung auf „deutlich unter zwei Grad“ oder besser noch auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das wird das Ergebnis der diesjährigen Bestandesaufnahme, dem ‚Talanoa Dialog‘, sein. Dieser soll drei Fragen klären: „Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Wie schaffen wir das?“ Anschliessend wird von den Ländern erwartet, dass sie ihr Klimaziele nachschärfen. Im Fall der EU funktioniert dieser Mechanismus bereits. Die EU-Staaten haben die EU-Kommission bereits damit beauftragt, Anfang nächsten Jahres einen langfristigen Klimaplan vorzulegen, der mit den Zielen des Paris Abkommens kompatibel ist.

Das dritte klimapolitische Puzzlestück in diesem Jahr, ist schliesslich der Sonderbericht des Weltklimarats IPCC zum 1,5-Grad-Ziel. Dieser soll klären, ob die Erwärmung überhaupt noch auf diesen Wert begrenzt werden kann und wie. Umweltorganisationen hoffen, dass aus dem Zusammenwirken von Regelwerk, Bestandesaufnahme und 1,5-Grad-Bericht eine neue Dynamik entsteht. David Waskow, der Klimachef des ‚World Resources Institute‘, sagt: „Das Jahr 2018 ist das wichtigste seit Verabschiedung des Paris Abkommens in Dezember 2015.“ Perrez zeigt sich überzeugt, dass zumindest die Klimadiplomaten liefern werden: „Die Klimaverhandlungen haben in den letzten Jahren am Schluss immer das gebracht, was für den Prozess wirklich nötig ist.“ Um zu erreichen, was fürs Klima nötig ist, müssen aber auch die Politiker weltweit liefern, betont Sven Harmeling von der Entwicklungsorganisation Care: „Die Regierungen müssen alle Optionen prüfen, um die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu beschleunigen.“ mic

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[1] Todd Stern, 11.04.2018: The future of the Paris climate regime

[2] UNFCCC, 10.04.2018: Reflections note on the fourth part of the first session of the Ad Hoc Working Group on the Paris Agreement (PDF)