China will CO2-Emissionen auf null reduzieren

Xi Jinping macht überraschende Ankündigung an UN-Generalversammlung

Bislang war die EU unter den großen Emittenten allein mit ihrem Ziel, CO2-Neutralität zu erreichen. Das hat sich gestern geändert. Nun ist dies auch das erklärte Ziel Chinas.

Manchmal geht’s ganz schnell. Gestern kündigte Chinas Präsidenten Xi Jinping bei der UN-Generalversammlung an, China wolle seine Klimaziele verschärfen: „Unser Ziel ist es, den Höhepunkt der CO2-Emissionen vor 2030 zu erreichen und CO2-Neutralität vor 2060.“ [1] Das ist das erste Mal, dass China zusagt, die CO2-Emissionen auf null zu reduzieren. Damit kommt Xi einer Aufforderung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nach. Diese hatten letzte Woche genau diesen Schritt in einem Telefonat mit Xi gefordert. Dabei informierten sie Xi auch darüber, dass die EU ihr eigenes Klimaziel deutlich anheben will – von minus 40 Prozent auf minus 55 Prozent im Vergleich zu 1990. Lutz Weischer von der Umweltorganisation Germanwatch führt Xis Ankündigung denn auch auf europäischen Druck und Europas neues Klimaziel für 2030 zurück. „Das ist ein Durchbruch in der internationalen Klimadiplomatie. Hier zeigt sich, dass die EU stark genug ist, andere große Staaten zu mehr Klimaschutz zu bewegen – wenn sie selbst ernsthafte Klimapolitik betreibt. Die Strategie der EU, die eigenen klimapolitischen Hausaufgaben zu machen und zugleich klare Erwartungen an China zu formulieren hat sich heute bewährt.“

Designhorror. Wegen der Coronakrise sprachen die Führer der Welt nicht in New York, sondern zu Hause vor selbstgewählter Tapete. (Screengrab: CGTN)

Das Paris Abkommen sieht vor, dass alle Länder dieses Jahr neue und vor allem ehrgeizigere Klimapläne einreichen. Bislang haben das nur wenige kleine Länder getan. Doch mit der geplanten Anhebung des EU-Ziels und der Ankündigung Chinas ändert sich das nun und zeigt, wie isoliert US Präsident Donald Trump beim Klima ist. Dieser hat angekündigt, im November aus dem Paris Abkommen auszusteigen. Dieser Gegensatz ist auch Li Shuo von der Umweltorganisation Greenpeace China aufgefallen: “Xi Jinpings Klimaschutzzusage auf der UN-Generalversammlung, Minuten nach Trumps Rede, ist ein mutiger und gut kalkulierter Schritt. Xi verlieh damit nicht nur der globalen Klimapolitik die dringend benötigte Dynamik, sondern stellte der Welt auch eine faszinierende geopolitische Frage: Beim globalen Gemeinwohl ist China unabhängig von den USA vorangegangen. Wird Washington folgen?“ Die geopolitische Komponente von Xis Ankündigung betont auch Weischer. Im Hinblick auf die EU-China Beziehung sagte er: „Die Beziehungen zu China sind derzeit sehr schwierig, da Menschenrechte und internationale Vereinbarungen von China eklatant missachtet werden. Doch gerade wenn es – aus guten Gründen – heftige diplomatische Spannungen gibt, ist es wichtig, Anker der Kooperation in Bereichen zu legen, an denen beide Seiten existenzielles Interesse haben.“

Am Ziel vorbei. Mit noch steigenden Emissionen und CO2-Neutralität “vor 2060” verfehlt China die Ziele des Paris Abkommens. (Grafik: showyourbudgets.org)

Sowohl in der EU als auch in China sind allerdings die Details noch unklar, wie die neuen Ziele erreicht werden sollen. In der EU muss geklärt werden, um wieviel jedes Mitgliedsland seine Emissionen senken muss. Außerdem ist auch noch nicht bekannt, wie groß die Emissionssenkungen in den verschiedenen Sektoren sind. Die Emissionen von Kraftwerken und der Zement- und Stahlindustrie werden durch das EU-Emissionshandelssystem reguliert, nicht aber die Emissionen aus dem Verkehr und dem Gebäudesektor. In China wird derzeit ein neuer Fünf-Jahres-Plan für die Jahre 2021 bis 2025 ausgearbeitet. Solange dieser nicht vorliegt, mangelt es auch dort an der nötigen Detailplanung. Li Shuo mahnt daher: „Xis Ankündigung muss mit Details untermauert werden. Um wie viel früher kommt der Höhepunkt von Chinas Emissionen? Wie passen CO2-Neutralität und der fortdauernde Bau von Kohlekraftwerken zusammen? Das sind harte Fragen, die bessere Antworten von Peking erfordern.“ Kurzfristig ist allerdings etwas anderes entscheidend, meint Weischert. Im Hinblick auf die internationale Klimapolitik sagte er: „Jetzt entsteht Dynamik nach oben.“ mic

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[1] Xi Jinping, 22.09.2020: Statement by H.E. Xi Jinping President of the People’s Republic of China At the General Debate of the 75th Session of The United Nations General Assembly