Startet Trump einen Handelskrieg?

US-Regierung erwägt Strafe gegen China wegen Diebstahl geistigen Eigentums

In den kommenden Wochen muss Trump entscheiden, ob er Schutzzölle für bestimmte Produkte wie Stahl einführt und was die USA gegen den Diebstahl von geistigem Eigentum durch China unternehmen. Bei Gegenmassnahmen durch die US-Handelspartner drohen Handelskriege.

„Wenn es einen gibt, dann gibt es einen“, antwortete US-Präsident Donald Trump am Mittwoch auf die Frage nach einem Handelskrieg. [1] Anlässe dazu gibt es in den kommenden Wochen einige. Die US-Regierung hat verschiedene Studien verfasst, die insbesondere die Handelspolitik Chinas unter die Lupe nehmen. Die betroffenen Sektoren sind: Stahl, Aluminium, Solarpaneele und Waschmaschinen. Anlässe, handelspolitische Massnahmen zu verkünden, gibt es ebenfalls: Donald Trump spricht nächste Woche beim WEF in Davos und am 30. Januar hält er die ‚State of the Union‘ Rede.

Jobs. Wenn Solarpaneele in den USA teurer werden, könnten Tausende von Installateuren ihre Stelle verlieren. (Foto: skeeze - pixabay)
Jobs. Wenn Solarpaneele in den USA teurer werden, könnten Tausende von Installateuren ihre Stelle verlieren. (Foto: skeeze – pixabay)

Dafür hat er bereits etwas in Petto: „Wir bereiten eine sehr grosse Strafe vor, die bald vorgestellt wird.“ [1] Bestraft werden soll China für den Diebstahl geistigen Eugentums. „Wir reden von grossen Schäden – Zahlen, an die Sie noch nicht mal gedacht haben“ so Trump. [1] Die US-Regierung nutzt dazu den Paragrafen 301 des Handelsgesetzes – eine Regel, die seit Gründung der WTO kaum noch Anwendung fand. Der Paragraph erlaubt dem US-Präsidenten Strafmassnahmen und Zölle anzuordnen, ohne ein Urteil des WTO-Gerichts abzuwarten. Jeffrey Schott vom US-Thinktank ‚Peterson Institute for International Economics‘ warnt allerdings: „Die Chinesen hätten das Recht Gegenmassnahmen gegen Zollerhöhungen zu ergreifen.“ [1]

Einen ungewöhnlichen Paragrafen hat sich die US-Regierung auch für ihre Untersuchungen bei Stahl und Aluminium ausgesucht: die Nummer 232 des Handelsgesetzes. Dieser ermöglicht die Beschränkung von Importen, wenn diese die nationale Sicherheit gefährden. Das ist auch unter WTO-Regeln erlaubt, wird aber nie genutzt. Der Grund dafür ist einfach: Dadurch würde „ein Präzendenzfall geschaffen, den jeder und insbesondere die Chinesen gegen die USA nutzen könnten“, sagt Lee Branstetter von der US-Universität Carnegie Mellon. [2] Dabei importieren die USA kaum noch Stahl und Aluminium aus China. Durch Anti-Dumpingzölle wurden chinesische Importe weitgehend aus dem US-Markt gedrängt (siehe Grafik). Dennoch könnte die US-Regierung auch hier einen Schutzzoll einführen – zum Schaden vieler US-Alliiierter wie Kanada und Deutschland. In diesem Fall sei es „sehr wahrscheinlich“, dass diese Gegenmassnahmen ergreifen, meint Branstetter. [2]

Ohne China. Die USA importieren den meisten Stahl aus Ländern, die bislang als Freunde des Landes galten. (Grafik: IHS)
Ohne China. Die USA importieren den meisten Stahl aus Ländern, die bislang als Freunde des Landes galten. (Grafik: IHS)

Leidtragende wären aber nicht nur ausländische Stahlkocher sondern auch die US-Industrie: „Zölle würden die Kosten für die Industrie erhöhen, Industriearbeitsplätze vernichten und Konsumentenpreise verteuern“, warnten der Ex-Chef der US-Notenbank Ben Bernanke und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz letztes Jahr. [3] Diese Erfahrung haben die USA bereits einmal gemacht: Im Jahr 2002 erhöhten sie den Zoll auf Stahl, was gemäss einer Studie 200‘000 Industriearbeiter den Job kostete. [4] Dabei beschäftigte die US-Stahlindustrie damals nur 187‘000 Menschen. Mit Kollateralschäden ist auch zu rechnen, falls Trump nächste Woche den Import von Solarpaneelen erschwert. Nur 14 Prozent der 260‘000 Stellen in der US-Solarbranche entfallen auf die Herstellung von Paneelen. [5] Alle anderen Solarwerker profitieren von den kontinuierlich fallenden Preisen der Zellen. Am geringsten wären die Konsequenzen wohl beim Kampf gegen ausländische Waschmaschinen. Hier gehe es Trump nur darum, die südkoreanischen Hersteller Samsung und LG zur Eröffnung von Werken in den USA zu nötigen, sagte ein nicht genannter Vertreter Seouls gegenüber der südkoreanischen Zeitung Hankyoreh. [6] Neben den US-Konsumenten gäbe es aber auch hier Verlierer: Bislang werden die Waschmaschinen meist in Thailand und Vietnam gefertigt.

Die grössten Schäden drohen aber bei einem Handelskrieg, bei Gegenmassnahmen der US-Handelspartner. „Die WTO wird ihnen das Recht geben, anderen US-Industrien einen vergleichbaren Schaden zuzufügen“, sagt Branstetter. [2] Bei der Auswahl ihrer Ziele hätten China oder die EU dabei freie Hand. Folglich würden sie gezielt einzelne Produkte mit Zöllen belegen, die in ganz bestimmten Wahlkreisen hergestellt werden, um maximalen Druck auf die entsprechenden Kongressmitglieder auszuüben. Orangensaft aus Florida und Bourbon Whisky aus Kentucky sind solche Produkte. Bei einem Handelskrieg mit der EU könnten die USA dann etwa gegen Roquefort und Vespas vorgehen. Schliesslich entscheidet dann, wer den längeren Atem hat. Gewinner gäbe es bei einem Handelskrieg letzlich aber keine. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] Reuters, 18.01.2018: Trump considers big ‘fine’ over China intellectual property theft

[2] Business Insider, 16.01.2018: We’re about to find out if Trump meant anything he said about taking a jackhammer to global trade deals

[3] Ben Bernanke et al., 12.07.2017: Former CEA Chairs Urge President not to Impose Steel Tariffs

[4] Joseph Francois und Laura Baughman, 04.02.2003: The Unintended Consequences of U.S. Steel Import Tariffs: A Quantification of the Impact During 2002 (PDF)

[5] Reuters, 18.01.2018: Trump says solar tariff decision coming soon, stakes huge for industry

[6] Hankyoreh, 16.01.2018: Deadline looms for US decision on washing machine trade safeguards