Der heiße Klimaherbst

Weltweit sind Hunderte von Demonstrationen, Streiks und Blockaden fürs Klima geplant

In weniger als einem Jahr sind die Fridays for Future und Extinction Rebellion zu globalen Bewegungen geworden. Beide setzen auf sozialen Ungehorsam als Mittel und beide planen für die kommenden Wochen Aktionen von beispiellosem Ausmaß.

Am 20. August 2018 setzte sich eine junge Schwedin vor das Parlament ihres Landes und forderte ernsthafte Anstrengungen beim Klimaschutz. Der Clou: Sie tat das nicht in ihrer Freizeit sondern während des Unterrichts. Mit diesem „Schulstreik fürs Klima“ verletzte Greta Thunberg folglich die Schulpflicht. Zur gleichen Zeit tourten Roger Hallam, Gail Bradbrook und eine Handvoll Mitstreiter durch englische Kleinstädte und hielten Vorträge. Ihr Ziel: „Rebellen“ rekrutieren, die bereit sind, bei Klimaprotesten verhaftet zu werden. Am 8. Oktober kam dann die Legitimation für diese rechtswidrigen Aktionen: Der Weltklimarat IPCC berichtete, dass die Menschheit ihre Emissionen bis zum Ende des Jahres 2030 halbieren muss, um die Chance zu wahren, die Klimaüberhitzung bei 1,5 Grad zu stoppen. Weniger als ein Jahr später sind die von Greta Thunberg inspirierten Fridays for Future und die Extinction Rebellion (XR), der Aufstand gegen das Aussterben, globale Bewegungen.

Hommage. Der Graffiti Künstler Banksy scheint vom Erfolg von XR überzeugt zu sein. Auf einem Graffito, das diese Woche auftauchte, steht: "Von diesem Moment an endet die Verzweiflung und die Taktik beginnt." (Graffito: Banksy, Foto: Unbekannt)
Hommage. Der Graffiti Künstler Banksy scheint vom Erfolg von XR überzeugt zu sein. Auf einem Graffito, das im April auftauchte, steht: “Von diesem Moment an endet die Verzweiflung und die Taktik beginnt.” (Graffito: Banksy, Foto: Unbekannt)

Viele Menschen auf der ganzen Welt sind angesichts der Klimapolitik ihrer Regierungen offensichtlich zum gleichen Schluss gekommen wie Greta Thunberg: „Es ist Zeit zu rebellieren“. Und genau das ist in einem bislang beispiellosen Ausmaß für die kommenden Wochen geplant. Den Auftakt macht die umstrittenste Aktion: Am Freitag (den 13.09.) will eine XR-Ausgründung der Flughafen London Heathrow mit Drohnen lahmlegen. Dafür gab es keinen Konsens innerhalb Rebellion und daher läuft die Aktion jetzt unter dem Namen „Heathrow Pause“. Eine Woche später findet der weltweite Generalstreik der Fridays for Future statt, der auch von Gewerkschaften, Kirchen und selbst einigen Unternehmen unterstütz wird. Wieder eine Woche später folgt der nächste Streik. Zwischendurch haben die „Führer der Welt“ Gelegenheit zu sagen, was sie gegen die Klimakrise zu tun gedenken – beim Klimagipfel von UN-Chef António Guterres in New York. Dort werden voraussichtlich viele Länder ankündigen, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu sein. Der IPCC-Bericht hat allerdings gezeigt, dass für das Klima eigentlich eine andere Frage entscheidend ist: Welche Länder sind bereit ihre Emissionen in den kommenden elf Jahren zu halbieren?

Der Trailer. XR Kanada wirbt mit diesem Clip sowohl für die Klimastreiks als auch für die nächste Etappe im “Aufstand für das Leben”. (Video: XR Vancouver)

Die spektakulärste Aktion folgt dann zehn Tage später: Ab dem 7. Oktober will XR das Londoner Regierungsviertel für zwei Wochen oder mehr besetzen. Eine ähnliche Aktion fand bereits im April statt, wo mehr als tausend Menschen verhaftet wurden. Es ist absehbar, dass die britische Polizei versuchen wird, durch Massenverhaftungen die Besetzung in der ersten Woche zu beenden. Ob ihr das gelingt hängt von zwei Zahlen ab: Wieviele Polizisten stehen zur Verfügung und wieviele Menschen sind bereit, sich verhaften zu lassen? In der zweiten Woche bekommen die Rebellen dann Unterstützung von unerwarteter Seite: der britischen Politik. Denn in dieser Woche entscheidet sich, ob der britische Premierminister Boris Johnson einen neuen Brexit-Deal mit der EU aushandeln kann oder ob er die Verschiebung des Brexit beantragen muss. Folglich ist mit Demonstrationen für und gegen den Brexit zu rechnen. Während die XR-Rebellen gewaltlos sind, haben Brexit-Demonstrationen aber ein gewisses Gewaltpotential und werden daher einen Teil der Polizeikräfte binden. Damit dürfte der Verhaftungsdruck auf die Klimarebellen abnehmen. Ähnliche XR-Aktionen sind außerdem in Berlin, Paris, New York und anderen Städten geplant. Dort können die Rebellen allerdings nicht auf Hilfe von der lokalen Politik zählen.

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