Die Rechnung bitte

Ab 2020 sollen die Entwicklungsländer 100 Milliarden Dollar an Klimahilfen pro Jahr erhalten

Den Malediven droht der Untergang. Doch das ist nicht die Schuld der Malediver, sondern die Schuld der Industriestaaten. Wegen ihrer CO2 Emissionen seit der industriellen Revolution erwärmt sich das Klima. Die Malediven und alle anderen Enwicklungsländer verlangen daher, dass die Industrieländer für den angerichteten Schaden aufkommen und etwa für Deiche bezahlen. Ausserdem fordern sie Hilfe bei der Entwicklung einer klimafreundlichen Wirtschaft. Die Industrieländer sind reich geworden indem sie ihre CO2 Emissionen kostenlos in der Atmosphäre entsorgt haben. Doch diese Möglichkeit besteht für die Entwicklungsländer nicht mehr, wenn die Klimaerwärmung begrenzt werden soll. Folglich müssen die Industriestaaten den anderen Ländern helfen, eine klimafreundliche Energieversorgung aufzubauen.

Moralisch ist also unbestritten, dass die Industriestaaten in der Pflicht sind. Und diese haben bei den Klimaverhandlungen in Kopenhagen diese Verantwortung auch anerkannt: Die reichen Länder haben dort versprochen ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. In Anbetracht der prekären Haushaltslage in vielen Ländern ist dies aber kein einfaches Unterfangen. Und so hat UNO Generalsekretär Ban Ki-moon eine Expertenkommission einberufen, die nach innovativen Finanzquellen suchen sollte. Wie der Abschlussbericht der Kommission nun zeigt ist ein ganzes Bündel von Massnahmen erforderlich, um die nötige Summe aufzutreiben.

Der zentrale Pfeiler der Klima-Finanzarchitektur ist dabei ein Preis auf CO2 Emissionen. Wenn der Preis für die Freisetzung von einer Tonne CO2 bei 25 Dollar liegt und davon zehn Prozent an die Entwicklungsländer gehen, dann kommen so pro Jahr 38 Milliarden Dollar zusammen. Erhebt man nun noch eine Abgabe auf die Emissionen der internationalen Schifffahrt und des Flugverkehrs kommen bis zu 12 Milliarden zusammen. Total hätte man so die Hälfte der 100 Milliarden bereits geschafft, wenn ein Preis für CO2 Emissionen tatsächlich flächendeckend eingeführt wird. Hinzu kommen Mittel, die direkt aus den Staatshaushalten kommen. Und schliesslich können mit einer Steuer auf Finanztransaktionen weitere, öffentliche Mittel generiert werden. Das Potential liegt hier je nach Steuersatz zwischen 2 und 27 Milliarden Dollar pro Jahr. Kurz, allein mit öffenlichen Mitteln kommen die 100 Milliarden nicht zusammen.

Der zweite Pfeiler der Finanzarchitektur sind daher Mittel aus der Privatwirtschaft. So können Firmen, die am europäischen Emissionshandelssystem teilnehmen müssen, Emissionssenkungen in Drittweltländern vornehmen, wenn dies billiger ist als im eigenen Land. Dadurch fliessen den Entwicklungsländer bis zu 50 Milliarden Dollar pro Jahr zu. Und schliesslich plädieren Ban Ki-moons Experten für eine Aufstockung des Eigenkapitals der multilateralen Entwicklungsbanken wie der Weltbank. Ein Dollar an zusätzlichem Kapital ermöglicht es der Weltbank ihre Ausleihungen um drei bis vier Dollar zu erhöhen. Und jeder Weltbankdollar führt zu Investitionen des Privatsektors von drei weiteren Dollar. Dank dieser Hebelwirkung führt eine Erhöhung des Weltbankkapitals um einen Dollar zu Investitionen von neun bis zwölf Dollar. Insgesamt können so private Investitionen von rund 200 Milliarden Dollar pro Jahr angeregt werden. Selbst wenn nur ein Teil dieses Betrags auf die in Kopenhagen versprochenen 100 Milliarden Dollar angerechnet wird, so kommen die 100 Milliarden dennoch zusammen. Das Fazit von Ban Ki-moons Experten ist denn auch: Das 100 Milliarden Ziel ist anspruchsvoll aber machbar.

Nun liegt der Ball wieder bei den Regierungen. Diese müssen nun entscheiden welche der Optionen aus dem Menu der Expertengruppe umgesetzt werden sollen. Dabei können die Lösungen auch von Land zu Land verschieden sein: Ein Land kann eine CO2 Steuer erheben und ein anderes ein Emissionshandelssystem einführen – wenn sie denn wollen. Und genau hier liegt die Crux: Insbesondere in den USA ist es unwahrscheinlich, dass das Parlament einem Preis auf CO2 oder gar einer Steuer auf Finanztransaktionen zustimmt. Ob die Industriestaaten ihr Versprechen aus Kopenhagen halten werden, ist somit weiter fraglich. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email