Auf einen Kaffee bei den Deutschen

Der deutsche Pavillion ist der zentrale Treffpunkt auf der Klimakonferenz

Manche Länder sind gross und mächtig, andere haben Einfluss wegen ihrer Unberechenbarkeit. Doch nur ein Land setzt gezielt auf Gastfreundschaft.

Eigentlich ist Deutschland an den Verhandlungen über einen Weltklimavertrag gar nicht beteiligt. Bei der UN-Klimakonferenz in Paris verhandelt die EU für alle ihre Mitgliedsländer. Trotzdem haben die deutschen Vertreter in Paris wichtige Rollen übernommen – für die EU und die Welt. Um die Welt kümmert sich der Staatssekretär im Bundesumweltministerium Jochen Flasbarth. Er wurde von Konferenzpräsident Laurent Fabius beauftragt, zusammen mit dem Minister aus Gabun, Emmanuel Issoze-Ngondet, eine Lösung für die Klimafinanzierung zu finden. Hier wollen die Entwicklungsländer, dass die Industriestaaten ihre Finanzhilfen nach dem Jahr 2020 weiter erhöhen, ausgehend von 100 Milliarden Dollar. Die Industriestaaten wollen dem aber nur zustimmen, wenn auch wohlhabende Entwicklungsländer wie Saudi-Arabien ebenfalls einen Beitrag leisten. Damit hat Flasbarth die wohl kniffligste Aufgabe bei der Klimakonferenz übernommen.

Kaffeekultur. Journalisten, NGO-Vertreter, Wissenschaftler und Diplomaten wissen den deutschen Pavillion zu schätzen. Man trifft Leute und den ksoetnlosen Kaffee gibt's oben drauf. (Foto: Nick Reimer)
Kaffeekultur. Journalisten, NGO-Vertreter, Wissenschaftler und Diplomaten wissen den deutschen Pavillion zu schätzen. Man trifft Leute und den ksoetnlosen Kaffee gibt’s oben drauf. (Foto: Nick Reimer)

Seine Chefin, Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, kümmert sich derweil um die EU. Zusammen mit ihrem finnischen Kollegen Kimmo Tiilikainen vertritt sie die EU bei der Frage der ‘Differenzierung’, also der Unterscheidung zwischen den Ländern. Diese Frage ist nicht nur bei der Finanzierung relevant, sondern auch bei der Reduktion der Emissionen und der CO2-Buchhaltung. Hendricks wird hier versuchen, ein möglichst einheitliches System für alle Länder durchzusetzen. Ihre Gegenspieler kommen dabei aus Ländern wie Indien oder Saudi-Arabien. Diese wollen an der Zweiteilung der Welt in Industrie- und Entwicklungsländer festhalten, wie sie in der UN-Klimakonvention aus dem Jahr 1992 festgeschrieben ist. Sowohl Flasbarth als auch Hendricks müssen bei ihren Aufgaben mit dem äusserst ehrgeizigen Zeitplan von Laurent Fabius zurecht kommen: Bereits heute (Dienstag) Abend sollen Resultate vorliegen.

Erleichtert wird die Aufgabe der beiden deutschen Vertreter durch die Wahrnehmung Deutschlands auf dem Verhandlungspaket. Die deutsche Energiewende ist längst in die englische Sprache als ‘Energywende’ eingegangen und Probleme bei deren Umsetzung werden ausserhalb Deutschlands nur selten vermeldet. Bewusst ist vielen Entwicklungsländern hingegen, dass Deutschland mehrfach bei der Klimafinanzierung als erstes Industrieland zu Zugeständnissen bereit war. Und die Inselstaaten setzen darauf, dass Deutschland und die EU neben dem Zwei-Grad auch das 1,5-Grad-Ziel im Paris Abkommen absichern können.

Deutschland wird auch seinem zweiten Platz auf der Rangliste der ‘weichen Macht’ (englisch ‘soft power’) gerecht, die von der englischen PR Firma Portland jedes Jahr erstellt wird. [1] Das Machtmittel: Kaffee. Deutschland hat an der Pariser Konferenz nicht nur ein Delegationsbüro, sondern auch einen eigenen Pavillion und dort gibt es Kaffee – kostenlos. Der Pavillion ist denn auch immer gepackt voll, ganz nach dem Motto der Fussball Weltmeisteschaft 2006: ‘Die Welt zu Gast bei Freunden’. “Wir verbrauchen acht bis zehn Kilo Kaffee am Tag”, sagt der Mann an der Kaffeemaschine. “Das ist enorm.” Die Kosten dafür sind gut investiertes Geld:  Während die Vertreter anderer Länder ständig auf Achse sind, kommt jeder gern ‘auf einen Kaffee bei den Deutschen’. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] Portland, Juli 2015: The Soft Power 30