In Cancun macht sich Optimismus breit

China zeigt sich bei Kontrolle seiner Emissionen flexibel

“Wir müssen das Gespenst von Kopenhagen zur Ruhe legen” fordert der Chef der kolumbianischen Delegation bei den Klimaverhandlungen in Cancun. Und dies scheint zu gelingen. Selbst die in der Regel kritischen Umweltorganisationen loben die positive Athmosphäre: “Wir können vorsichtig optimistisch sein”, sagt Tim Gore von Oxfam und Tara Rao vom WWF spürt “ein Gefühl der Erleichterung”. Ein Grossteil dieser positiven Stimmung ist der mexikanischen Konferenz-Präsidentschaft zu verdanken, die alles tut, um die Fehler von Kopenhagen zu vermeiden. “Es gibt keine Geheimpapiere. Es gibt keine parallelen Verhandlungen.” repetiert Patricia Espinosa, die mexikanische Aussenministerin und Präsidentin der Klimaverhandlungen, immer und immer wieder. Und mit dieser Transparenz ist es ihr bislang gelungen, alle Länder bei der Stange zu behalten.

Dies zeigt sich am besten an den beiden Texten, auf deren Grundlage die Verhandlungen seit Montag geführt werden. Bei den beiden “Non-Papers”, wie sie im UN Jargon genannt werden, handelt es sich um inoffizielle Zusammenfassungen des Verhandlungsstands. Derartige Zusammenfassungen stiessen in der Vergangenheit oft auf Ablehnung, da im Vergleich zum eigentlichen Verhandlungstext darin viele Positionen unerwähnt bleiben. Insbesondere die Länder der “Bolivarischen Allianz der Völker von unserem Amerika”, kurz Alba, eine Verhandlungsgruppe um Bolivien und Venezuela, haben derartige Texte zuvor stets mit einem Veto belegt. Es sind die gleichen Länder, die die Übereinkunft von Kopenhagen ablehnen, da diese durch “Geheimverhandlungen”  zustande gekommen sei. Aber jetzt ist auch Bolivien mit an Bord und akzeptiert, dass auf Grundlage der beiden Non-Papers verhandelt wird.

Mit zur guten Stimmung trägt aber auch der Erfolg der ersten Woche bei: Es ist gelungen “viele kleine, technische Punkte abzuräumen” wie Carsten Sach, der Leiter der deutschen Delegation erklärt. Für ihn ist das ein Zeichen, dass “grundsätzliche Einigungbereitschaft” besteht. Und diese Bereitschaft scheint sich auch auf Kernfragen zu erstrecken. So zeigt sich China flexibel bei der Kontrolle seiner Emissionen, ein Thema das noch vor kurzem zu heftigem Streit mit den USA geführt hatte. “Wir haben Konsens erzielt.” sagt Xie Zhenhua, der Chef der chinesischen Delegation. Peking ist nun bereit, regelmässig über die Höhe der chinesischen Emissionen zu berichten und diese Berichte von einem internationalen Expertengremium prüfen zu lassen. Noch vor drei Monaten hat China dies “aus prinzipiellen Gründen” abgelehnt, da es solche Kontrollen als Eingriff in die chinesische Souveränität verstanden hat. Ausserdem zeigt sich China bereit, sein Emissionsziel in einem offiziellen Beschluss der Klimakonferenz zu fixieren. China will bis 2020 die Menge an CO2, die in jedem Yuan Wirtschaftsleistung steckt, um 40 bis 45 Prozent reduzieren. Bislang hat es Peking aber abgelehnt, dies in einem offiziellen Dokument der UN Klimakonvention auch schriftlich festzuhalten. Doch nun scheint China seine Angst vor der Schriftlichkeit überwunden zu haben.

Für weiteren Schwung bei den Verhandlungen düfte ausserdem eine Nachricht aus London sorgen: Eine Kommission der britischen Regierung empfiehlt, die CO2 Emissionen bis 2030 um 60 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Dies wäre das ehrgeizigste Reduktionsziel von allen grossen Industriestaaten. Und die Chancen stehen gut, dass diese Vorgabe auch rechtsverbindlich wird. Grossbritannien, hat in seinem Klimagesetz die Bestimmung seiner Emissionsziele an ebendiese Kommission delegiert. Ausserdem hat die Regierung von David Cameron angekündigt, die “grünste Regierung” zu sein, die das Königreich je hatte.

Nun gilt es diesen Schwung über die kommenden Tage zu retten. Denn erfahrungsgemäss herrscht zu Beginn einer Verhandlungswoche meist Optimismus, bevor dann doch wieder ein Thema auftaucht, wo sich die Verhandlungen festfressen. Noch zeichnet sich aber nicht ab, welches Thema dies sein könnte.  Denn selbst der Streit um die Verlängerung des Kyoto Protokolls wird derzeit eher als reinigendes Gewitter wahrgenommen. Dass Japan, Russland und Kanada eine Fortführung über 2012 hinaus ablehnen, ist “nichts Neues”, wie Christiana Figueres, die Leiterin der UN Klimaverhandlungen sagt. Die pointierte Aussage Tokyos, einer Verlängerung “unter keinen Umständen” zuzustimmen, sei daher “nur ehrlich”. “Nun haben wir zwei diametral unterschiedliche Positionen” zwischen Japan auf der einen Seite und den Entwicklungsländern auf der anderen Seite. “Und wenn man diametral unterschiedliche Positionen hat, geht es darum einen Mittelweg zu finden. Die Minister, die jetzt nach und nach eintreffen, wissen das.” sagt Figueres. Die Chefin der Verhandlungen setzt dabei darauf, dass die Minister nicht mit leeren Händen nach Hause fahren wollen, wenn sie schon nach Cancun kommen. Unter der Sonne Mexikos hat das Gespenst von Kopenhagen derzeit einen schweren Stand. mic

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