Kommt der EU – Japan Freihandel?

Weitgehende Einigung zwischen EU und Japan, aber Details bleiben ungeklärt

Während US-Präsident Donald Trump auf Abschottung setzt, wollen die EU und Japan ihre Märkte weiter öffnen. Heute (Donnerstag) soll die Schaffung einer gemeinsamen Freihandelszone bekannt gegeben werden – ein Tag vor dem G20 Gipfel.

Seit gut vier Jahren verhandelt die EU mit Japan über ein Freihandelsabkommen. Heute (Donnerstag) könnte beim EU – Japan Gipfel in Brüssel nun ein politisches Übereinkommen verkündet werden. Ein solches beinhaltet die wesentlichen Elemente des Abkommens aber noch nicht alle Details. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström liess über Twitter wissen: „Wir haben es fast geschafft. Ich bin zuversichtlich, dass sich unsere Führer auf ein Paket einigen können.“ Dies wäre ein grosser Erfolg für beide Parteien. Einen Tag vor dem G20-Gipfel in Hamburg würden die EU und Japan so ein Zeichen gegen Protektionismus und die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump setzen.

Handelsdiplomatie. In den Verhandlungen über ein EU (in blau) - Japan Freihandelsabkommen fanden bislang 18 Runden statt. Die beiden Teilnehmer sehnen daher dem Abschluss entgegen. (Foto: davidgsteadman / Flickr)
Handelsdiplomatie. In den Verhandlungen über ein EU (in blau) – Japan Freihandelsabkommen fanden bislang 18 Runden statt. Die beiden Teilnehmer sehnen daher dem Abschluss entgegen. (Foto: davidgsteadman / Flickr)

Für die EU wäre es nach dem Abkommen mit Kanada bereits der zweite Handelsvertrag innert weniger Monate und würde „Europas Führung beim Setzen globaler Handelsregeln zementieren“ (EU-Kommission). [1] Ein Erfolg wäre es auch für Japans Ministerpräsidenten Shinzo Abe: Dieser will mit Hilfe von Handelsverträgen Strukturreformen durchsetzen, die die japanische Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Japan ist der sechstgrösste Handelspartner der EU und die EU der drittgrösste Japans. Zusammen machen die EU und Japan mehr als ein Drittel der globalen Wirtschaftsleistung aus.

Die letzten Knackpunkte sind Käse und Autos. Die EU erhebt derzeit einen Zoll von zehn Prozent auf Autos. Umstritten ist hier wie schnell dieser Satz auf Null sinken soll. Umgekehrt will die EU, dass Japan nicht-tariffäre Hemmnisse beim Import von Autos aus der EU abbaut. „Dies sollte zumindest teilweise die negativen Auswirkungen von höheren Importen kompensieren“ sagte Erik Jonnaert, der Präsident des europäischen Verbands der Autohersteller Acea. [2] Beim Käse beklagte zuletzt der japanische Landwirtschaftsminister Yuji Yamamoto: „Die EU Forderungen sind harsch. Noch sind sie nicht auf einem Niveau, das Japan akzeptieren kann.“ [3] Weitgehend geklärt sind hingegen viele andere Fragen: So sollen nahezu alle Zölle wegfallen. Japan schützt über 200 europäische Herkunftsangaben wie ‚Schwarzwälder Schinken‘. Ausserdem besteht weitgehende Einigkeit beim staatlichen Beschaffungswesen. Hier bleibt allerdings noch zu sehen, ob auch die japanischen Eisenbahnfirmen beim Kauf neuer Züge europäische Anbieter berücksichtigen müssen.

Offen ist hingegen noch der Investorenschutz. Hier ist die EU-Kommission Position klar: „Für die EU sind die Schiedsgerichte tot.“ [1] Die EU will dafür einen permanenten, internationalen Investitionsgerichtshof wie er auch im Freihandlesabkommen Ceta mit Kanada vereinbart wurde. Noch hat sich Japan aber nicht darauf eingelassen, wie aus einem Verhandlungstext hervorgeht, der an die Umweltorganisation Greenpeace durchgestochen wurde. [4] Unklar ist auch noch die Frage des Datenschutzes beim grenzübergreifenden Fluss von Daten. Hier ist die Frage, ob der Datenschutz in Japan „gleichwertig“ ist. In einer gemeinsamen Erklärung von EU-Kommissarin Věra Jourová und dem Chef von Japans Datenschutzkommission Haruhi Kumazawa teilen diese mit: „Die Reformen der jeweiligen Datenschutzgesetzgebung haben zu grösserer Konvergenz der beiden System geführt.“ [5] Daher seien sie optimistisch, dass Anfang nächsten Jahres auch hier eine Einigung erzielt werden könne.

Wann genau das Abkommen in Kraft treten wird ist noch nicht absehbar. Sowohl die EU als auch Japan versprechen sich eine deutliche Ausweitung des Handelsvolumens bei Gütern und Dienstleistungen, das vorletztes Jahr bei 158 Milliarden Euro lag. Als Beispiel dient das Handelsabkommen zwischen der EU und Südkorea, das seit sechs Jahren in Kraft ist. Dieses hat zu einer Zunahme des Handels um über 50 Prozent geführt und die EU verzeichnet nun statt eines Defizits einen Überschuss im Handel mit Südkorea. Beim Deal mit Japan dürften die europäischen Bauern besonders stark profitieren: Die Exporte von verabeiteten Lebensmitteln könnten sich knapp verdreifachen, schätzt die EU-Kommission. [1] Die Chemie-, Pharma- und Autoindustrie dürften ebenfalls mehr exportieren. [1]

Das Abkommen soll zudem ein Bekenntnis zum Klimaschutz und zum Paris-Abkommen enthalten. [1] Japan hat sich ausserdem dazu verpflichtet die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation ILO zu ratifizieren. [1] Kritik kommt von einigen Nichtregierungsorganisationen. Greenpeace kritisiert etwa, dass es der EU im Rahmen der Verhandlungen nicht gelungen ist, Japan zu Zugeständnissen beim Wahlfang zu bewegen. [6] Der Import von Walfleisch in die EU ist allerdings verboten. Greenpeace beklagt zudem, dass Japan im Gegensatz zur EU den Import von illegal geschlagenem Holz nicht verbietet. [6] Schaden könnte der Deal Ländern, die nicht Teil des Abkommens sind. Wenn europäische Käseexporteure weniger Zoll bezahlen, verdrängen sie womöglich neuseeländische Käsereien – ein Phänomen, das als ‚Handelsumleitung‘ bezeichnet wird. Vor dem Hintergrund der aktuellen US-Handelspolitik ist dies aber wohl die kleinste Sorge in Tokyo und Brüssel. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] EU-Kommission, 01.07.2017: A new EU trade agreement with Japan – Factsheet (PDF)

[2] Acea, 04.07.2017: Automobile industry calls for balanced outcome in EU-Japan FTA

[3] Japan News, 02.07.2017: Japan-EU EPA to hinge on leaders’ talks

[4] TTIP Leaks, Stand 05.07.2017: Investment Dispute Resolution

[5] EU-Kommission, 04.07.2017: Joint statement by Commissioner Věra Jourová and Haruhi Kumazawa, Commissioner of the Personal Information Protection Commission of Japan on the state of play of the dialogue on data protection

[6] Greenpeace, 23.06.2017: Leaked trade papers expose EU failure to uphold transparency and environment standards (PDF)