Lithium ist das neue Öl

Der Preis für das silbrige Metall hat sich letztes Jahr knapp verdreifacht

Batterien werden immer billiger. Damit werden Elektrofahrzeuge und Stromspeicher konkurrenzfähig und die Nachfrage steigt. Die Folge: Die Welt braucht immer mehr Lithium.

Daimler folgt Tesla: Am Montag hat der Stuttgarter Autobauer angekündigt, eine zweite Batteriefabrik zu bauen. „Wir investieren gross in die Schlüsselkomponente emissionsfreier Fahrzeuge: leistungsfähige Batterien.“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche. [1] Die neue Fabrik im sächsischen Städtchen Kamenz soll 500 Millionen Euro kosten und im Sommer 2017 die ersten Batterien produzieren. Damit steigt die Nachfrage nach einem ungewöhnlichen Metall: Lithium. Der äusserst reaktionsfreudige Stoff ist der wichtigste Bestandteil der Lithium-Ionen-Batterien. Die US-Investmentbank Goldmann Sachs bezeichnete daher Lithium schon als „das neue Öl“. [2]

Lithiumtherapie. Lithium wird in der Medizin auch als Antidepressivum eingesetzt. Für Lithiumbesitzer hatte die Preisentwicklung letztes Jahr die gleiche Wirkung: Der Preis für Lithiumkarbonate hat sich letztes Jahr fast verdreifacht. (Grafik: Economist mit Daten von Citigroup)
Lithiumtherapie. Lithium wird in der Medizin auch als Antidepressivum eingesetzt. Für Lithiumbesitzer hatte die Preisentwicklung letztes Jahr die gleiche Wirkung: Der Preis für Lithiumkarbonate hat sich letztes Jahr fast verdreifacht. (Grafik: Economist mit Daten von Citigroup)

Im Gegensatz zu Öl und anderen Rohstoffen hat sich der Lithium Preis letztes Jahr prächtig entwickelt. Während eine Tonne Lithiumsalz (Lithiumkarbonat, ein weisses Pulver) Anfang 2015 noch rund 5000 Dollar gekostet hat, lag der Preis am Ende des Jahres bei knapp 14‘000 Dollar. [2] Einige Daimler Konkurrenten bauen daher nicht nur Batteriefabriken sondern steigen auch in die Lithiumgewinnung ein: Toyota ist an einer Lithiummine in Argentinien beteiligt und Tesla an einem Projekt in Mexiko [4]. Gewonnen wird das Metall aus Gesteinen etwa Pegmatiten oder aus Salzlösungen. Weltmarktführer in der Lithiumproduktion ist derzeit Chile. Dort wird Lithium in der Atamaca Salzwüste aus Salz gewonnen. Aber auch in Europa gibt es wirtschaftlich interessante Lithiumvorkommen. Der deutsche Sonnenenergiekonzern Solarworld erkundet derzeit lithiumhaltiges Gestein im Erzgebirge [5] und in Österreich gibt es viellecht sogar das grösste Lithiumvorkommen Europas [6].

Investorennirvana. Auf dem Nirvana Album Nevermind ist auch ein Stück mit dem Titel 'Lithium'. Wieder geht es um das Antidepressivum: "I'm so happy 'cause today I've found my friends ..." (Foto: Nirvana / Flickr)
Investorennirvana. Auf dem Nirvana Album Nevermind ist auch ein Stück mit dem Titel ‘Lithium’. Wieder geht es um das Antidepressivum: “I’m so happy ’cause today I’ve found my friends …” (Foto: Nirvana / Flickr)

Ein Grund für den stark gestiegenen Lithiumpreis ist ein stark gefallener Preis: der für Batterien. Zum Missfallen des südkoreanischen Batterieherstellers LG Chem [7] hat der US-Autokonzern General Motors (GM) wissen lassen, was er pro Kilowattstunde (kWh) Batterieleistung bezahlt: 145 Dollar. [7] Diese Zahl ist erstaunlich. Im Jahr 2013 hat die Internationale Energieagentur (IEA) geschätzt, dass batteriebetriebene Fahrzeuge kostenmässig mit Benzin- und Dieselautos gleich ziehen, wenn der Batteriepreis auf 300 Dollar pro kWh fällt. Die IEA ging damals aber davon aus, dass dies erst im Jahr 2020 der Fall sein wird. [8 s.S. 17] Und eine Studie im Wissenschaftsmagazin Nature kommt zum Schluss: „Wenn die Kosten auf 150 Dollar pro kWh fallen, werden Elektrofahrzeuge voraussichtlich ihren Nischenmarkt verlassen und in den Massenmarkt vorstossen, was zu einem Paradigmenwechsel bei der Autotechnologie führt.“ [9] Letztes Jahr hat sich die Zahl der Elektrofahrzeuge weltweit knapp auf 1,2 Millionen verdoppelt und für dieses Jahr haben GM und Tesla neue Modelle für rund 35‘000 Dollar angekündigt. Das ist nur noch wenig mehr als Amerikaner im Schnitt für ein neues Auto ausgeben. Die angekündigten Modelle werden eine Batterie mit rund 60 kWh an Bord haben. [9]

Batterien werden aber nicht nur in der Automobilindustrie gebraucht sondern auch als Speicher für Strom aus Wind und Sonne. Um die Batteriefabriken auszulasten bieten sowohl Tesla als auch Daimler Stromspeicher für die Besitzer von Solaranlagen an. Die deutsche Regierung hat soeben ein Förderprogramm (wieder-) aufgelegt, um die Nutzung von Energiespeichern in Wohnhäusern zu propagieren. Lithium-Ionen-Batterien werden aber auch vermehrt von Energiekonzernen genutzt, um Schwankungen beim Angebot von Wind- und Solarstrom oder bei der Stromnachfrage auszugleichen. [10] Trotz dieser rosigen Aussichten für das silbrige Metall ist es schwierig mit Lithium zu spekulieren: Der Lithiummarkt relativ klein. Weltweit werden nur rund 160‘000 Tonnen Lithiumsalz verbraucht. [11] Daher wird Lithium auch noch nicht wie ein normaler Rohstoff an Börsen gehandelt sondern ein Oligopol aus vier Konzernen dominiert derzeit den Weltmarkt. [12] Wer auf weiter steigende Lithiumpreise setzen will, muss daher physisches Lithiumsalz einbunkern und kann nicht einfach ein Finanzinstrument kaufen. mic

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 [1] Daimler, 01.03.2016: Daimler invests 500 million Euros in new battery factory in Germany

[2] Economist, 16.01.2016: An increasingly precious metal

[4] Wall Street Journal, 28.08.2015: Tesla Secures Lithium Hydroxide Supply for Its Battery Factory

[5] Solarworld, kein Datum: Rohstoff ffür die solare Zukunft – Lithium-Aktivitäten der Solarworld AG 

[6] Kleine Zeitung, 15.10.2014: Lavanttal: Weiter warten auf Lithium

[7] insideEVs, Oktober 2015: LG Chem “Ticked Off” With GM For Disclosing $145/kWh Battery Cell Pricing

[8] IEA, April 2013: Global EC Outlook (PDF)

[9] climateprogress, 11.02.2016: Game Change: Tesla And GM Announce Affordable, Long-Range Electric Cars

[10] pvmagazine, 17.09.2015: Utility-scale battery storage to reach 12 GW, $8.44 billion by 2024

[11] Bloomberg, 27.02.2016: If You Liked Palladium, You’ll Love Lithium

[12] oilprice.com, 23.02.2016: Electric Car War Sends Lithium Prices Sky High