Kein Big Bang fürs Klima

Klimadiplomaten hoffen auf Fortschritt in Etappen

Seit dem Minimalkompromiss in Kopenhagen ist das öffentliche Interesse an den Klimaverhandlungen deutlich zurückgegangen. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verhandlungen weitergehen. Diese Woche treffen sich die Klimadiplomaten in Tianjin in der Nähe von Peking. Dort wollen sie die nächste grosse Klimakonferenz vorbereiten, die im Dezember in Cancun, Mexiko, stattfinden wird. Als Einstieg hat die neue Chefin der Klimaverhandlungen Christiana Figueres vor einige Tagen erklärt, was in Kopenhagen schief gelaufen ist: „Ich glaube einer der Hauptfehler, war der Glaube an die Big Bang Theorie beim Klima. Vielleicht wurde das Universum durch einen Big Bang erschaffen. Aber es ist klar, dass dieser Planet nicht durch ein Big Bang Abkommen gerettet werden wird – nicht in Kopenhagen, nicht dieses Jahr, nicht nächstes Jahr.“

Figueres hofft stattdessen auf ein ganzes Bündel von Teilabkommen in Cancun. Grosse Übereinstimmung gebe es bei den Massnahmen um die Abholzung der Regenwälder zu stoppen und beim Transfer von klimafreundlichen Technologien an Entwicklungsländer. Fortschritte sieht Figueres auch bei der Entwicklung eines Systems, um Emissionsreduktionen zu messen, zu melden und zu überprüfen. Ausserdem sei weitgehend klar, wie ärmeren Ländern bei der Anpassung an die Klimaerwärmung geholfen werden soll. Dazu braucht es nicht zuletzt Geld, den „goldenen Schlüssel“ für einen Verhandlungserfolg in Mexiko, wie Figueres sagt. Doch auch hier gibt sich die Costa Ricanerin verhalten optimistisch. Von den 30 Milliarden Dollar an kurzfristigen Hilfen für die Jahre 2010 bis 2012 seien bereits 28 Milliarden zugesagt worden. Und für die 100 Milliarden Dollar, die mittelfristig jedes Jahr bereitgestellt werden sollen, suchen derzeit verschiedene Kommissionen nach „innovativen Geldquellen“.

Dass diese Massnahmen der Klimakrise nicht gerecht werden, ist allerdings auch Figueres klar: „Dieses schrittweise Vorgehen ist möglicherweise ein vernünftiger Ansatz. Trotzdem steht es in einem krassen Gegensatz zur Dringlichkeit des Themas. Das ist das Problem: Wir können nur schrittweise vorgehen, aber die Sache ist sehr, sehr dringlich, insbesondere für tiefliegende Inselstaaten.“ beschreibt Figueres das Dilemma bei den Klimaverhandlungen. Und um die Zukunft dieser Staaten, etwa der Malediven, ist es tatsächlich schlecht bestellt: Die Kopenhagener Zusagen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen führen zu einer Erwärmung von vier Grad, wie climateinteractive.org ausgerechnet hat (siehe Grafik). Dabei gelten zwei Grad als oberste Grenze um katastrophale Auswirkungen der Klimaerwärmung zu vermeiden.

Um das Dilemma zwischen dem politisch machbaren und dem physikalisch erfoderlichen dennoch zu schliessen, setzt Figueres auf eine Änderung der „Psychodynamik“ der Verhandlungen: „Die Psychodynamik fokussiert derzeit auf die Kosten. Wer bezahlt wem was? Das ist eine wichtige Frage. Aber wir sollten uns auch darauf konzentrieren, was die Chancen sind. Dieser Teil fehlt bislang.“ Die kommende Woche in Tianjin wird erste Hinweise geben, ob es Figueres gelingt die Chancen eines klimafreundlicheren Wirtschaftens in die Verhandlungen einzubringen. Den Inselstaaten wäre es zu wünschen. mic

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