Das Klima ist kaum noch zu retten

Der globale CO2 Ausstoss ist 2010 auf ein Rekordwert gestiegen

Nachdem die globalen CO2 Emissionen im Krisenjahr 2009 nur marginal gefallen sind, wuchsen sie im Jahr 2010 dafür umso stärker. Damit steuert die Welt auf vier Grad Erwärmung im Jahr 2100 zu und Italien wird Teil der Sahara.

Die Hoffnung die Klimaerwärmung auf zwei Grad begrenzen zu können, ist wohl nur noch „eine nette Utopie“, sagt Fatih Birol, der Chefökonom der Internationalen Energieagentur IEA. Und er muss es wissen, denn die IEA publiziert die anerkanntesten Schätzungen des globalen CO2 Ausstosses. Was Birol so grosse Sorgen macht sind die neuesten Zahlen zu den Emissionen im Jahr 2010: Die Menschheit hat letztes Jahr 30,6 Milliarden Tonnen Klimagift in die Atmosphäre gepumpt – mehr als je zuvor. Ausserdem sind die Emissionen im Krisenjahr 2009 nur marginal gefallen. Die rezessionsbedingte Verschnaufpause für das Klima blieb also aus. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen dürfen die Emissionen bis 2020 aber nicht über 32 Milliarden Tonnen CO2 steigen. Doch dieser Wert könnte schon dieses Jahr erreicht werden. „Es wird extrem schwierig unter zwei Grad zu bleiben. Die Aussichten verfinstern sich. Das sagen die Zahlen.“ bedauert Fatih Birol gegenüber der britischen Zeitung The Guardian.

Ein schnelles Umsteuern ist zudem kaum möglich: 80 Prozent der Kraftwerke, die im Jahr 2020 laufen werden, sind schon gebaut oder im Bau. Diese machen ein Drittel der letzjährigen Emissionen aus. Hinzu kommt, dass Deutschland und die Schweiz aus der Atomenergie aussteigen und viele andere Länder ihre Neubaupläne für Atomkraftwerke überdenken. Die Deutsche Bank schätzt, dass allein wegen des deutschen Atomausstiegs bis 2020 insgesamt 370 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich ausgestossen werden.

Und auch von den Klimaverhandlungen, die nächste Woche in Bonn wieder aufgenommen werden, ist kurzfristig keine Hilfe zu erwarten. Beim G8 Gipfel haben Kanada, Russland und Japan klargestellt, dass sie bei einer Verlängerung des Kyoto Protokolls nicht dabei sind. Und die USA haben bekräftigt, dass sie dem Abkommen nicht beitretetn werden. Für Diskussionen dürften zudem die neuesten IEA Zahlen sorgen: Diese zeigen, dass letztes Jahr drei Viertel des Emissionswachstums von den Entwicklungsländern verursacht wurde. Beobachter erwarten denn auch keine klimarelevanten Fortschritte bei den Verhandlungen vor den US Wahlen Ende 2012.

Damit liegen die weltweiten Emissionen ziemlich genau auf dem Wachstumspfad den die Klimawissenschaftler vom IPCC als „Business As Usual“ bezeichnen, also dem Wachstumspfad ohne nennenswerte Klimaschutzmassnahmen. „Gemäss den IPCC Berechnungen bedeutet dies, dass sich das Klima mit einer 50 prozentigen Chance um mehr als vier Grad bis 2100 erwärmt.“ sagt Nicolas Stern, der Autor des Stern-Reports über die Kosten des Klimawandels. Diese Erwärmung führt zu einem Anstieg des Meeresspiegels um fünf Meter. Italien, Spanien, Griechenland und die Türkei werden Teil der Sahara und in Zentraleuropa steigen die Temperaturen im Sommer auf bis zu 50 Grad Celsius. „Das ist ein Risiko, das jeder normale Mensch drastisch zu reduzieren versuchen würde.“ sagt Stern.

„Man fragt sich, wieviele besorgniserregende Zahlen die Welt noch braucht“ sagt Connie Hedegaard, die EU Klimakommissarin. Denn noch besteht zumindest theoretisch die Chance eine derartige Erwärmung abzuwenden: „Wenn wir kühne, entschiedene und schnelle Massnahmen ergreifen, haben wir immer noch die Chance erfolgreich zu sein.“ sagt Birol. Bedauerlicherweise deuten die Erfahrungen aus den letzten 20 Jahren Klimapoltik aber nicht daraufhin, dass „kühne, entschiedene und schnelle Massnahmen“ in den nächsten zwei, drei Jahren eingeleitet werden. Schade eigentlich. mic

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